Gütesiegel für Bildungszertifikate

Fachkonferenz sucht neue Wege zur Bewertung des Lernens in der Aus- und Weiterbildung: Neben einer angestrebten europaweiten Harmonisierung sollen vor allem auch informell erworbene Kenntnisse stärker berücksichtigt werden

Hochschuldiplome, Meisterprüfungen, Schulabschlüsse: FastjedeR von uns ist schon mit Zertifikaten in Berührung gekommen. Unter dem Titel „Zertifizierung in der Aus- und Weiterbildung auf nationaler und europäischer Ebene“ fand Ende Juni eine von der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen veranstaltete Fachtagung statt.

Der Tagung voraus ging ein Memorandum über lebenslanges Lernen, das von der Kommission der Europäischen Union (EU) Ende letzten Jahres veröffentlicht wurde. Dort wird einmal mehr festgestellt, dass eine sich im Wandel befindende Gesellschaft Veränderungen der Bildungs- und Ausbildungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten nach sich ziehen müsse.

Globalisierung, Strukturwandel und die schnelle Entwicklung der Technik führten zu ständig neuen Qualifikationsanforderungen. In dem Papier wird der hohe Stellenwert des lebensbegleitenden Lernens herausgestellt, ohne das eine Teilhabe an der wissensbasierten Gesellschaft und Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht mehr möglich sei.

Zum lebenslangen Lernen werden neben der formalen Art zu lernen auch nichtformale und informelle Lernaktivitäten gezählt, die außerhalb von Bildungseinrichtungen stattfinden. Die beiden letztgenannten Formen sollen in Zukunft verstärkt in Aus- und Weiterbildungsangebote einbezogen werden. Die internationale Vergleichbarkeit von Abschlüssen hingegen war Gegenstand der Fachtagung.

Zum einen wurden vor dem Hintergrund einer europaweiten Vereinheitlichung bereits vorhandene Systeme der Zertifizierung von Bildungsabschlüssen und Kompetenzen vorgestellt. Daneben wurden Zertifizierungsmodelle diskutiert, die neuen Lernwegen und Lernmöglichkeiten gerecht werden. Dazu zählt die Einbeziehung schon vorhandener Kompetenzen der Weiterzubildenden. Ein weiterer Schwerpunkt war die Frage der Akzeptanz von Zertifikaten.

Bezüglich der europaweiten Vereinheitlichung wurde eine Reihe von Instrumenten zur Bewertung und Anerkennung von Bildungsnachweisen entwickelt. Das European Credit Transfer System (ECTS) soll die Bewertung und Anerkennung von Studienleistungen innerhalb Europas ermöglichen. Es wurde im Rahmen eines Pilotprojekts von 145 europäischen Hochschulen in den Neunzigerjahren entwickelt.

Neben dem ECTS dokumentiert der Europass-Berufsbildung die in anderen EU-Mitgliedstaaten absolvierten Abschnitte beruflicher Bildung. Auch dieses Dokument soll europaweite Vergleichbarkeit und somit Anerkennung herstellen.

Um alternative Lernformen, wie zum Beispiel informelles Lernen, in die Weiterbildung einzubeziehen, wurde das „Verfahren modularer Qualifizierung unter Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrungen“ (VmQ) speziell für Un- und Angelernte entwickelt und in der Praxis erprobt. Das VmQ soll un- und angelernten Arbeitskräften den Zugang zu beruflicher Weiterbildung erleichtern und zur Erlangung von anerkannten Berufs- beziehungsweise Weiterbildungsabschlüssen führen.

Das VmQ ermittelt informell erworbene berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten in einem Feststellungsverfahren, so dass diese bei der Planung einer Weiterbildungsmaßnahme berücksichtigt werden können. Die vorhandenen beziehungsweise in der Weiterbildung erworbenen Kompetenzen werden Modul für Modul in einem Qualifizierungspass zertifiziert. NORBERT PAGEL