: Die Gewalt eskaliert
Nach dem Anschlag auf eine Familie, der drei Tote fordert, droht palästinenischer Minister Israel mit Vergeltung
JERUSALEM/HEBRON afp/ap ■ Die Tötung eines drei Monate alten palästinensischen Babys hat gestern Bestürzung im Nahen Osten ausgelöst. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon verurteilte den Überfall auf das Auto einer Familie, bei dem am Donnerstag drei Menschen getötet worden waren. Er versprach, alles zu tun, um die Verantwortlichen zu fassen.
Der palästinensische Kabinettsminister Siad Abu Sajjad drohte mit Vergeltungsangriffen. „Jeder Anschlag zieht einen Gegenanschlag nach sich“, sagte er. Auslöser der Gewalt seien die Siedler, die auf palästinensischem Gebiet lebten.
Augenzeugen erklärten, ein bewaffneter Mann habe am späten Donnerstagabend im Westjordanland das Feuer auf das Auto der Palästinenser eröffnet. Bei den Opfern handelte es sich um drei Mitglieder einer Familie aus dem Dorf Idna. Vier weitere Insassen wurden verletzt. Zur Beisetzung der Opfer kamen gestern in Hebron rund 1.000 Menschen zusammen. Sie zogen hinter den mit palästinensischen Flaggen bedeckten Leichen nach Idna. Die Trauernden riefen „Tod den Siedlern“ und forderten einen Anschlag in Tel Aviv.
Bereits in der Nacht zuvor waren bei einem Schusswechsel zwischen Israelis und Palästinensern im Westjordanland 17 Palästinenser verletzt worden. Nach dem Angriff jüdischer Siedler auf eine palästinensische Familie hätten die Palästinenser in Hebron das Feuer auf einen Militärposten sowie Häuser von Siedlern eröffnet, teilte ein Militärsprecher mit. Seinen Angaben zufolge entschärfte die israelische Armee gestern eine Bombe nahe der jüdischen Siedlung Nezarim im Gaza-Streifen.
Unterdessen hat erstmals hat ein Mitglied der israelischen Regierung eine Beobachtermission für den Nahen Osten nicht mehr völlig ausgeschlossen. Sollte die internationale Gemeinschaft Israel Beobachter aufzwingen, könnte die Regierung notfalls die Entsendung von US-Vertretern akzeptieren. Denkbar sei die Entsendung von Vertretern des US-Geheimdienstes CIA in die Region, sagte Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser gestern im Rundfunk.
Die Außenminister der führenden Industriestaaten und Russlands (G 8) hatten sich zuvor für eine Nahost-Beobachtermission ausgesprochen. Ein israelischer Regierungssprecher bekräftigte dagegen, Israel lehne jegliche internationale Beobachtermission ab. Sein Land könne auch nicht dazu gezwungen werden, Gesandte zu akzeptieren, da sämtliche bisherigen Abmachungen die Zustimmung beider Seiten voraussetzten.
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