Umwelt: Mehr TBT in weniger Schlick
■ Wirtschaftsressort feiert „Lösung des TBT-Hafenschlickproblems“
„Der beste Schlick ist der, der gar nicht erst anfällt und deshalb auch nicht entsorgt werden muss.“ Mit diesen Worten hat die Staatsrätin und Bremerhaven-Beauftragte beim Senator für Wirtschaft und Häfen, Sibylle Winther, in der vergangenen Woche die Fertigstellung des neuen Freilaufkanals in Bremerhaven kommentiert. Bei einem Ortstermin in der Seestadt ließ sie sich von Dr. Hans-Werner Vollstedt vom Hansestadt Bremischen Hafenamt (HBH) über das erfolgreich beendete Bauvorhaben informieren. Die 35-Millionen-Mark-Investition trage erheblich zur Lösung des Hafenschlickproblems in Bremerhaven bei, erklärte Staatsrätin Winther.
Bei der Entsorgung von mit dem Schadstoff Tributylzinn (TBT) belastetem Hafenschlick haben die HBH-Ingenieure in den vergangenen Jahren mit großem Aufwand nach intelligenten Lösungen gesucht. Dies wurde erforderlich, nachdem das Land Niedersachen im Herbst 1997 ein Verklappungsverbot für mit TBT kontaminierten Schlick aus Bremerhaven erlassen hatte.
„Der beste Schlick ist der, in dem kein TBT ist“, konterte Bernd Langer vom BUND die PR-Meldung aus dem Häfenressort. Soweit in den Sedimenten der Weser TBT mitgespült wird, landet das Gift nun direkt in der Nordsee und nicht mehr im Schlick des Hafenbeckens. Im Hafenbecken fällt zwar weniger Schlick an, die geringere Menge ist dafür aber stärker mit TBT belastet, solange die Quellen des Giftes in den Schiffs-Lacken nicht beseitigt sind. Alle Versuche, den Hafenschlick zu verwerten – etwa für die Fertigung von Ziegeln – sind in Bremen bisher Theorie geblieben. Auch Versuche, über die Deponierung des Schlicks eine Zersetzung des TBT zu erreichen, sind bisher nicht erfolgreich abgeschlossen. So setzt das Hafenamt auf die Reduzierung der Schlick-Menge.
Durch den neuen Zuwässerungskanal wird schwebstoffarmes Oberflächenwasser aus der Weser in den Überseehafenbereich geleitet. Die vom HBH eingeleiteten Maßnahmen reduzieren die Sedimentzufuhr in die hinter Nord- und Kaiserschleuse gelegenen Hafenbecken auf nur noch 75.000 Kubikmeter pro Jahr, also auf unter 30 Prozent der Menge aus dem Jahre 1997.
In den Gesamtkosten von etwa 35 Millionen Mark sind ökologische Kosten von rund 2,9 Millionen Mark enthalten. Weil das neue Wasserbauwerk in einem Biotop mit der Bewertung „mäßig ausgebauter Fluss“ entstand, mussten Ausgleichsmaßnahmen eingeleitet werden. Dazu gehören künftig so genannte „Blindschleusungen“ (Schleusungen ohne Schiffsverkehr) am Bremerhavener Tide-sperrwerk, die Fischen in der Geeste das Passieren der dortigen Schleuse erleichtern.
Außerdem wird auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Bremerhaven am Spadener Markfleet ein Reinigungspolder angelegt. Der Polder soll auf einer etwa drei Hektar großen Fläche die Lebensmöglichkeiten für Wassertiere in der Gees-teniederung verbessern.
Staatsrätin Winther verwies auch auf den touristischen Nebeneffekt des neuen Freilaufkanals: „Jetzt schiebt sich ein etwa 150 Meter langer Steg in die Weser. So entstand am Weserdeich eine interessante Landmarke – ein lohnendes Ziel für Spaziergänger, denen sich beim Blick auf Stadt und Strom ganz neue Perspektiven erschließen.“
eb/kw
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