: „Um zusammen alt zu werden“
Kai Wendel kann sein Glück noch nicht ganz fassen. „Eigentlich bin ich immer noch total platt, dass es überhaupt möglich ist“, meint der 28-Jährige. Vor zwei Wochen hatte das Lebenspartnerschaftsgesetz noch an den Beschwerden von Bayern und Sachsen vor dem Bundesverfassunsgericht zu scheitern gedroht. Und jetzt sind es plötzlich nur noch wenige Stunden, bis Wendel und sein Freund Kai Eckstein als eines von 15 Hamburger Paaren im Rathaus Altona diese Partnerschaft eingehen werden.
Warum wollen sie diese „Homo-Ehe“, die ja nicht von allen Lesben und Schwulen begrüßt wird? Kai Wendels spontane Antwort ist überraschend traditionell: „Um zusammen alt zu werden.“ Als er seinen Freund vor anderthalb Jahren in Frankfurt kennen lernte, sei beiden schnell klar gewesen, dass sie auf Dauer zusammen sein und das genau wie Hetero-Paare auch besiegeln möchten. Ein Zeichen setzen wollten sie aber auch politisch, ergänzt Eckstein. Für sie sei diese offizielle Partnerschaft eben keine spießige Kopie der Heteros, sondern eine Herausforderung an das konservative Ehe-Konzept. Dass sie morgen zum erstmöglichen Termin heiraten, soll auch „zeigen, dass wir gut finden, was die Regierungsparteien da zusammengebracht haben“, so Wendel. Und Hamburg sei mit schwulenfreundlichen Politikern wie Lutz Kretschmann (SPD), Farid Müller und Krista Sager (beide GAL) ein besonders guter Ort, um dieses Bündnis einzugehen.
Wichtig sind den beiden Kais auch ihre neuen Rechte. Die sehen sie aber eher als selbstverständlichen Bestandteil der Partnerschaft denn als Grund, diese einzugehen. So ist Kai Wendel froh, im Krankheitsfall nun das Auskunftsrecht für seinen Freund zu besitzen. Als er sich jedoch kürzlich wegen der nun möglichen Übernahme seines Partners in eine gemeinsame Krankenversicherung erkundigte, wusste man bei der Kasse von nichts. Die Normalität lässt also noch auf sich warten.
Schwule wie nicht-schwule Freunde und Bekannte haben dagegen laut Eckstein ihre Entscheidung alle „sehr, sehr positiv aufgenommen“. Umso mehr ärgern die beiden natürlich die Versuche Bayerns und Sachsens, das Gesetz noch zu torpedieren. Sie sind jedoch optimistisch, dass auch dort ein Umdenken stattfindet und noch bestehende Benachteiligungen gegenüber Hetero-Paaren schließlich verschwinden werden. „Bis zur letztendlichen Öffnung der Ehe ist es nur noch eine Frage der Zeit“, glaubt Wendel.
Bis dahin läuft zwischen ihm und seinem 30-jährigen Partner schon vieles wie in jeder Ehe. Nach Hamburg zogen sie im vergangenen Oktober bereits in eine gemeinsame Wohnung. Und sie haben die Ausgleichsgemeinschaft gewählt, die der in herkömmlichen Ehen üblichen Zugewinngemeinschaft entspricht. Auf einen gemeinsamen Familiennamen verzichteten sie dagegen. Schließlich tragen die beiden schon den gleichen Vornamen, und so viel Einheit muss dann auch nicht sein.
Ein bisschen hetero sind sie aber noch auf andere Weise: Kai Eckstein ist Rabbiner, sein Freund evangelischer Religionspädagoge. Von daher, so Eckstein lachend, „sind wir hetero-religiös“.
David Böcking
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen