piwik no script img

Filmfest Oldenburg im SSV

■ Bei der ersten Pressekonferenz des 8. Internationalen Filmfestes Oldenburg bestimmten die Sponsoren Ort und Handlung. Das Festival selbst präsentiert Highlights von US-Festivals sowie originelle neue Ideen

Es war schon ein merkwürdiges Schauspiel: Im ersten Stock des Oldenburger Modehauses Leffers, mitten im Sommerschlussverkauf, waren ein paar Stuhlreihen aufgebaut, davor ein Tisch und ein großer Fernseher. Hier fand nun die Pressekonferenz statt, mit der das 8. Oldenburger Filmfest seine ersten Informationen publik machte.

Gleich nebenan lautstarke Verkaufsgespräche, Babygeschrei und zwischendurch immer mal wieder die typischen Lautsprecherdurchsagen („525, bitte an Kasse 8“). Dies war nicht gerade der etwas schräge cineastische Independent-Glamour, den das Filmfest sonst so bemüht ist zu kultivieren. Der schlichte Grund für diese ungewöhnliche Ortswahl sind die neuen Sponsoren des Festivals: eben Leffers und die Kleidungsmarke „Camel Active“, die dort verkauft wird.

So bekamen auch dessen Geschaftsführer und „Marketing und Sales Manager“ als erste das Wort, um Werbung für sich zu machen, damit sich ihr Engagement für die Filmkunst auch rechnet, und danach erst konnte der Gründer und Organisator des Filmfestes Oldenburg, Thorsten Neumann, zur eigentlichen Sache kommen. Zuerst wurde über das Geld geredet: Mit 340.000 Mark ist das 8. Filmfest ein wenig besser finanziert als im letzten Jahr, als man deutlich merkte, dass das Geld an allen Ecken knapp war. Die niedersächsische Landesförderung ist diesmal etwas erhöht worden, Oldenburg selbst gibt gerade mal 5.000 Mark dazu. Peinlich wenig, aber dafür wird wahrscheinlich am Eröffnungsabend wieder wie im letzten Jahr ein Lokalpolitiker in seiner Rede versuchen, den Anschein zu erwecken, das ganze Filmfest habe seine Existenz nur seiner persönlichen Gnade zu verdanken. Dann schon lieber „Leffers“ und „Camel Active“, da geht es unverblümter und ehrlicher zu.

Ansonsten gab Thorsten Neumann bekannt, das meiste bliebe beim Alten. Die Filme werden im Casablanca, dem Wall-Kinocenter und dem großen Saal der Kulturetage gezeigt. Dazu kommt eine neue Spielstätte für Videoproduktionen in der Oldenburger Landesbank (der nächste „Hauptsponsor“). Diese war auch dringend nötig, denn die Videos wurden bisher immer in schlecht vom Tageslicht abgeschirmten „Notunterkünften“ in der Kulturetage gezeigt.

Neu ist die Initiative „99 Euros“, bei der zwölf junge deutsche Filmemacher die Aufgabe bekamen, jeweils mit dem Winzig-Budget von 99 Euro einen Kurzfilm zu drehen. Ebenfalls gespannt sein darf man auf den neuen Film von Oskar Röhler „Suck my Dick“ mit Katja Flint und Edgar Selge. Wie immer erntet Thomas Neumann bei anderen Independent-Film-Festivals in den USA und anderswo die Highlights und präsentiert sie dann stolz zu Hause. So diesmal unter anderem mit „Chopper“, einer australischen Antwort auf „Taxi Driver“ und „Natural Born Killers“, der US-Politsatire „The Contender“ mit Jeff Bridges und Gary Oldman (der vielleicht auch kommt) oder Claire Denis' neuem Film „Trouble Every Day“.

Eine gute neue Idee ist es, im Festivalcafe bekannte Schauspieler aus abgelehnten Drehbüchern vorlesen zu lassen. So entsteht vielleicht ein Gefühl dafür, dass die tatsächlich realisierten Filme nur die Spitze eines Eisbergs von Filmprojekten, Ideen, Geschichten und Ambitionen sind, und dass durchaus nicht nur die Besten oben das Licht der Welt erblicken.

Nachdem Konzept und Programm des diesjährigen Filmfestes vorgestellt worden waren, warteten die geneigten Pressevertreter noch auf die „Premiere“ des Kinotrailers und dessen „Making Of“. Das „Making of“ eines „Trailers“ hört sich zwar so an wie die „Vorpremiere“ einer „Generalprobe“ – aber egal, man war gespannt, und der Trailer selbst war auch ganz pfiffig. Vier junge Bohemiens wachen in schwarzweiß in einem Hotelzimmer auf, erinnern sich an einen tollen Film, Party und Absturz, aber nicht daran, in welcher Stadt sie sind: „Oldenburg? Wouw!“ Aber nach dieser Premiere wurde hektisch an TV und Videorekorder herumgefummelt. Das „Digitalvideo“ des „Making of“ wollte einfach seine Bilder nicht dem TV-Gerät offenbaren, die Stuhlreihen leerten sich. So kann hier also nicht berichtet werden, ob „The Making of the Trailer“ cineastisches Neuland erkundete, aber ab Donnerstag ist er „im Netz“ zu bewundern. Auch für seine Pannen ist Oldenburg inzwischen bekannt – insofern bot diese Pressekonferenz eine passende Einstimmung. Wilfried Hippen

Das 8. Internationale Oldenburger Filmfestival findet vom 5. bis zum 9. September statt. Informationen (und bald auch „The Making of the Trailer“) gibt es im Internet unter www.filmfest-oldenburg.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen