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Wie werde ich meinen Mörder los?

■ Das Junge Theater zeigt ab kommenden Freitag „I hired a contract killer“ von Aki Kaurismäki / Poesie und schwarzer Humor in einem Sommerstück „der anderen Art“

Na endlich! Endlich, nach fast sechs Monaten, eine neue Eigenproduktion des Jungen Theaters, und das auch noch in der ansonsten so theaterarmen Sommerzeit! Das Herz des begeisterten Theatergängers schlägt höher. „I hired a contract killer“ heißt – ganz und gar nicht sommerlich-leicht – das Stück nach einem Film des Finnen Aki Kaurismäki, das am 10. August Premiere haben wird und die Geschichte von Henri Boulanger erzählt.

Henri will sterben. „Für ihn ist das nicht weiter tragisch“, erklärt Regisseurin Anke Thiessen. „Er beschließt einfach zu sterben. Genauso gut könnte er am nächsten Tag ins Café gehen und Leute beobachten.“ Stattdessen aber heuert er kurzerhand einen Profikiller an, verbringt die nächste Zeit wartend und trinkt schließlich in einer Bar nicht nur den ersten Whiskey seines Lebens, sondern trifft auch auf die Rosenverkäuferin Margrit. Und auf einmal hat er nichts Eiligeres zu tun, als dem unauffindbaren Killer wieder zu kündigen.

„Ich hab das Drehbuch von Kaurismäki gelesen und fand die Atmosphäre einfach super“, erzählt Anke Thiessen. „Das Stück hat eine wunderbare Leichtigkeit, ohne dabei oberflächlich zu werden, ganz entspannt und fast poetisch, und trotzdem immer witzig.“

Kaurismäki-Fans, die jetzt auf eine detailgenaue Kopie des bekannten Films hoffen, werden wohl enttäuscht werden. „Es war gar nicht so leicht, an den Film zu kommen“, erzählt die Regisseurin. „Wir hatten schon lange zu proben begonnen, als ich ihn endlich gesehen habe.“ Besonders wichtig ist die Existenz des Filmes für sie ohnehin nicht. „Viel interessanter ist, dass wir auf Grundlage eines Drehbuches arbeiten. Das stellt uns vor einige Probleme – wir können schließlich weder Schnitte machen, noch mit Großaufnahmen arbeiten. Und versuch mal, hier eine Kamerafahrt durch London auf die Bühne zu bringen!“

Wie das dann in der Umsetzung aussehen wird, soll und kann an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden. Schaut man sich, eine Woche vor der Premiere, jedoch in den Räumlichkeiten im Güterbahnhof um, wird eines schon deutlich: Rein optisch wird diese Inszenierung tatsächlich nicht viel mit Kaurismäkis Film gemein haben. Wenn wir im Sommer schon nicht an den Strand können, dann holen wir den Strand eben zu uns – so oder ähnlich scheint das Team des Jungen Theaters bei der Bühnengestaltung gedacht zu haben. Eine große, rechteckige Sandfläche breitet sich auf dem Boden der Halle aus, gespickt mit Plastik-Spielzeug, einer Modelleisenbahn, Waschbecken und Herd. „Der Sand war eigentlich für ,Bettys Sommerfrische' gedacht, ein Stück von Christopher Durang, das wir ursprünglich inszenieren wollten“, berichtet Anke Thiessen. „Weil der Verlag die Rechte für die deutsche Erstaufführung aber schon nach Düsseldorf gegeben hatte, mussten wir etwas anderes suchen.“

Die „zweite Wahl“ habe sich aber bald als absolut gleichwertig entpuppt, wie die Regisseurin betont. „Es ist überhaupt kein fauler Kompromiss. Und als ich ,I hired a contract killer' gelesen habe, wusste ich sofort, dass der Sand zu der Schrägheit des Drehbuches passt.“

Was also erwartet das geneigte Publikum? Ein Selbstmörderstück, ursprünglich angesiedelt in London, gespielt in einer Riesensandkiste? Vielleicht ist „schräg“ der richtige Ausdruck. Oder, wie Aki Kaurismäki über sein Stück sagt: Das Leben ist hart, aber lustig. Bodil Elstner

Öffentliche Probe heute, Dienstag, um 20.30 Uhr im Güterbahnhof, Tor 48. Premiere, Freitag, 10. August, ebenfalls um 20.30 Uhr.

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