: Jagd auf die Schatten
Der Hamburger Senat setzt das Handlungskonzept gegen Schwarzarbeit um. Die elf neuen Stellen sollen sich selbst finanzieren ■ Von Sandra Wilsdorf
Der Nachbarin mal wieder die Haare geschnitten und dafür 20 Mark kassiert? Nach Feierabend fremde Wohnungen gestrichen und es dem Finanzamt nicht erzählt? Oder die Sozialhilfe mit ein biss-chen Kellnern aufgebessert? All das nennt der Hamburger Senat „Schattenwirtschaft“, und genau gegen die wollen die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), Arbeitsamt, Zoll und die anderen zehn mit dem Thema befassten Behörden und Institutionen jetzt massiv vorgehen. Der Senat hat gestern das vor etwa einem Jahr vorgelegte Handlungskonzept verabschiedet.
Insgesamt elf Stellen werden für den Kampf geschaffen, 7,5 davon bekommt die Vollzugseinheit in der „Zentralen Leitstelle zur Bekämpfung der Schwarzarbeit“ (ZLS) beim Bezirksamt Hamburg-Mitte für unmittelbare Kontrollen – auch von Sozialhilfeempfängern. In der BAGS wird es eine halbe Stelle für das ministerielle Fachreferat geben und drei weitere Stellen für das federführende Querschnittsreferat, das die Aktivitäten der Behörden und Institutionen koordiniert. Die neuen Stellen sollen kein zusätzliches Geld kosten, „denn wir erwarten, dass sie sich durch zusätzliche Bußgelder und eingesparte Sozialhilfe finanzieren“, sagt Arbeitssenatorin Karin Roth (SPD).
Der Stadt Hamburg entstehe durch Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung jährlich ein volkswirtschaftlicher Schaden von etwa 13 Milliarden Mark. Das sind nicht gezahlte Steuern, aber auch Kranken-, Rentenversicherungsbeiträge sowie Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, die nicht gezahlt worden wären, hätte der Empfänger seinen Nebenjob angegeben. Illegal in Deutschland lebende Ausländer, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen, sollen ebenso verfolgt werden wie Ausländer mit Aufenthalts- aber ohne Arbeitsgenehmigung, die sich dennoch einen Job suchen.
Bei der bereits seit 1999 bestehenden Verbindungsstelle von Landeskriminalamt, Arbeitsamt und Hauptzollamt sind im vergangenen Jahr 1100 Anzeigen eingegangen. „Nur wenn die schnell bearbeitet werden, hat das eine abschreckende Wirkung“, sagt Karl-Heinz Klemann, stellvertretender Leiter des Hamburger Arbeitsamtes. Das hat im vergangenen Jahr rund zwölf Millionen Mark durch Bußgelder erwirtschaftet. „Dabei ging es hauptsächlich um Verstöße gegen das Mindestlohngebot“, sagt Klemann. Denn auch wenn Arbeitgeber Menschen für ein paar Pfennige ohne Urlaub und Pausen zu unwürdigen Bedingungen für sich arbeiten lassen ist das Schattenwirtschaft und wird von den Behörden verfolgt.
Klemann macht außerdem da-rauf aufmerksam, dass es Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung nicht nur auf dem Bau und im Hafen gibt, sondern auch in allen Bereichen des Dienstleistungssektors. „Im vergangenen Jahr lag die Gas-tronomie mit 25 Prozent der bekannt gewordenen Schwarzarbeitsdelikte an der Spitze, dann kam der Bau mit 22 sowie Handwerk und Transportgewerbe mit jeweils fünf bis sechs Prozent.“
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