: Klonen für den Glauben
Die Sekte Rael will Menschen klonen. In ihrer Firma Clonaid beschäftigt sie Forscher, die auch den Transfer des Gedächtnisses und der Persönlichkeit versprechen. Kosten: 200.000 US-Dollar
BERLIN taz ■ „Wenn es nicht anders geht, gehen wir in ein anderes Land und klonen einen Menschen.“ Brigitte Boisselier, Molekularbiologin und Projektleiterin der US-Firma Clonaid, will auch nach dem Klonverbot des US-Repräsentantenhauses von ihrem Ziel, als Erste einen Menschen zu kopieren, nicht lassen. 200.000 US-Dollar soll es kosten, von sich einen Klon herstellen zu lassen. Enthalten in dem über www.clonaid.com verbreitetem Angebot der obskuren Firma ist ein Transfer des Gedächtnisses und der Persönlichkeit. „Dann wachen wir nach dem Tode in einem neuen Körper auf wie nach einer Nacht Schlaf!“, heißt es auf den Webseiten.
Gegründet wurde Clonaid von einer an Ufos glaubenden Sekte, der Rael-Bewegung, die nach eigenen Angaben etwa 55.000 Anhänger auf der ganzen Welt hat. Sektenchef ist der in Quebec lebende ehemalige französische Journalist Claude Vorilhon, der sich seit einer „extraterrestischen“ Offenbarung im Jahre 1973 Rael nennt. Damals habe er die Botschaft erhalten, so verkündet Rael, dass das Leben auf der Erde in einem Labor geschaffen wurde, von Außerirdischen names Elhohim. Es seien die Elohim aus der Bibel gewesen, die in dem Buch fälschlich mit Gott übersetzt worden seien.
Trotz dieses abstrusen Hintergrundes wird Clonaid von Forschern und den Behörden als ernste Gefahr eingestuft. Die nötigen finanziellen Mittel scheinen die Raelians zu haben. In dem von der Sekte eingerichtetem Labor sind mehrere Wissenschaftler beschäftigt. Die Zentrale steht in Kanada. Dort besitzen die Raelians einen großen, auf Science-Fiction getrimmten Gebäudekomplex.
Bis vor kurzem kamen die Gelder für Clonaid noch von den Bahamas. Dort war das von den Raelians gegründete Unternehmen „Valiant Venture Capital“ beheimatet. Die Finanzierungsgesellschaft musste jedoch auf Druck der Regierung der Bahamas wieder geschlossen werden. Nach Angaben der Sekte wurde in den USA eine neue Gesellschaft zur Realisierung des Clonaid-Projektes gegründet.
Einen ersten großen Rückschlag erlitten die Kloner jedoch, als Mitte April Mitarbeiter der US-Arzneimittelbehörde, der Food and Drug Administration (FDA), dem bis dahin geheim gehaltenen Biolabor von Clonaid einen Besuch abstatteten und die Rael-Forscher warnten, ohne Genehmigung der FDA einen Menschen zu klonen. Es sei nichts Illegales gefunden worden, gab die Projektleiterin bekannt, lediglich biologisches Material von Kühen. Auf Druck der FDA musste Bosselier die Verpflichtung unterschreiben, in den USA keinen Versuch zu unternehmen, einen Menschen zu klonen oder überhaupt ohne staatliche Erlaubnis mit menschlichen Eizellen zu experimentieren. Bosselier kündigte an, dagegen gerichtlich vorzugehen.
Der zweite Rückschlag kam vor wenigen Tagen. Der Vater eines im Alter von zehn Monaten gestorbenen Säuglings zog seinen Klon-Auftrag an die Sekte zurück. Die Raelians sollten seinen Sohn „wiedererwecken“. Nach eigenen Angaben investierte der Rechtsanwalt und ehemalige Abgeordnete Mark Hunt aus dem US-Bundesstaat West Virginia bereits 500.000 US-Dollar in das Projekt. Doch Hunt wurde der Rummel um Clonaid zu groß. Er warf der Projektleiterin vor, sie gebe zu viel Interviews und sei ein regelrechter „Medienstar“ geworden. Sie habe dadurch das Projekt gefährdet. WOLFGANG LÖHR
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