: Zermürbungstaktik
betr.: „Am Ende der Zermürbung“ (Gewalt auf dem Arbeitsamt), taz vom 2. 8. 01
Die Tat des Arbeitslosen ist für mich sehr wohl zu verstehen, vor allem wenn er, wie berichtet, sehr engagiert war und sich darum bemüht hat, seinen Zustand zu verändern.
In den Jahren, in denen ich Erwachsenenbildung im Bereich Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber gemacht habe, erlebte ich viele Situationen, wo ich fast erwartete, dass diese Menschen nur noch Gewalt als Mittel sehen um irgendwo Gerechtigkeit zu erhalten.
Wenn sie auf eines dieser Ämter gehen, werden sie nicht nur zur Registriernummer, sondern sie geben zuallererst vor dem Amt die Würde des Menschen ab. Dann beginnt der Verwaltungsakt, und besonders in den Arbeitsämtern passiert es häufig: Die Akte ist mal verschwunden, der Arztbericht wurde nicht weitergeleitet, und so schieben sie sie von Monat zu Monat weiter. Sie landen in einer Sackgasse.
Was würden Sie tun, wenn Sie arbeitssuchend sind und auf die Umschulung warten; Sie finden vorübergehend eine Beschäftigung bis zum Beginn der Umschulung, dann ist plötzlich kein Geld mehr da für die Umschulung und Sie warten wieder. Und nach zwei Jahren teilt Ihnen der Sachbearbeiter mit, Sie könnten gar nicht arbeiten, weil der Amtsarzt festgestellt hat, dass Sie psychisch krank sind. Nur Sie haben bisher nichts davon gemerkt.
Sie haben schön brav gewartet und sich vertrösten lassen. Am Ende landen Sie dann irgendwann, wenn Sie alles verloren haben, auf jeden Fall beim Sozialamt.
Jeder Arbeitssuchende sollte mal seine Geschichte aufschreiben und nach Berlin schicken, damit denen dort ein Licht aufgeht.
INGRID ZACH, Malsch
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