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Megawatis indonesischer Megaflop

Konservative, Technokraten und Generäle beherrschen das Kabinett, das Indonesiens neue Präsidentin Megawati Sukarnoputri gestern der Öffentlichkeit präsentierte. Von politischem Aufbruch keine Spur

JAKARTA taz ■ 17 Tage hat Indonesiens neue Präsidentin Megawati Sukarnoputri die Bevölkerung warten lassen, bis sie gestern in einer von allen elektronischen Medien übertragenen Rede ihr Regierungsteam vorstellte. Diese Zeit kam vielen Beobachtern auch deshalb so lange vor, weil Megawati seit ihrer nicht gerade überraschenden Amtsübernahme am 23. Juli öffentlich nur eine nichts sagende siebenminütige Antrittsrede und ein wenig aufschlussreiches Interview gegeben hat. Doch Machtkämpfe unter den fünf hinter ihr stehenden Parteien sorgten immer wieder für Verzögerungen. Das schließlich gestern in Jakarta vorgestellte Team aus drei Koordinationsministern, 18 Ministern und zehn Staatsministern sowie einem Staatssekretär bietet kaum Überraschungen. Die Mischung aus Technokraten, Politikern und drei Militärs reflektiert eine konservative Grundausrichtung.

Positiv fällt auf, dass mit Matori Abdul Jalil ein Zivilist zum Verteidigungsminister berufen wurde. Das gilt als wichtiges Signal für die angestrebte Unterordnung des Militärs unter zivile Führung. Jalil war Vorsitzender der Partei von Megawatis Vorgänger Abdurrahman Wahid gewesen, hatte sich mit ihm aber während dessen Amtsenthebung zerstritten. Jalils Ministeramt war gestern die größte Überraschung und dürfte die Belohnung dafür sein, dass er zu Megawati gehalten hatte.

Trotz zahlreicher Proteste von Journalisten hat Megawati wie bereits angedeutet das Informationsministerium wiedereingeführt und auch noch ausgerechnet mit dem Fraktionsvorsitzenden der Golkar-Partei besetzt. Diese Partei war unter dem früheren Diktator Suharto Indonesiens Staatspartei, wobei das Informationsministerium der Gängelung der Presse diente. Deshalb war es von Megawatis Amtsvorgänger Wahid ersatzlos abgeschafft worden. Der jetzt ernannte Informationsminister Syamsul Muarif verkündete zwar gestern, dass er die Presse nicht zensieren wolle, doch überzeugende Gründe für die Wiedereinrichtung seines Ministeriums konnte er nicht nennen.

Mit Spannung war die Zusammensetzung des Wirtschafts- und Finanzteams erwartet worden. Koordinationsminister in diesem Bereich wurde der Ökonom und scheidende Botschafter in den USA, Dorodjatum Kuntjoro-Jakti. Er gilt als derjenige, der das meiste Vertrauen der Märkte genießt. Drei der vier für Wirtschaft und Finanzen zuständigen Minister sind Technokraten. Wirtschaftsanalysten äußerten sich gestern positiv über das Team. Die Märkte reagierten jedoch uneinheitlich. Die Landeswährung Rupiah legte weiter zu, während der Aktienmarkt nachgab.

Mit der Ernennung von Susilo Bambang Yudhoyono zum Koordinationsminister für Politik und Sicherheit traf Megawati eine populistische Wahl. Der Exgeneral hatte diesen Posten bereits unter Wahid inne, war aber im Juni gefeuert worden, als er die Erklärung des Notstands durch den Präsidenten nicht mittragen wollte. Yudhoyono kandidierte für das Amt des vom Parlament gewählten Vizepräsidenten, blieb aber erfolglos, obwohl er bei Umfragen in der Bevölkerung geführt hatte. Neben ihm sind zwei weitere Militärs im Kabinett, darunter mit dem Innenminister ein aktiver General, was kein Signal für politische Reformen ist. Mit dem Geheimdienstchef ging ein weiterer hoher Posten an einen General.

Das Kabinett reflektiere bloß die Forderungen der großen politischen Parteien, sagte der Politologe Andi Malaranggeng. Präsidentin Megawati bezeichnete die Bewahrung der nationalen Einheit als Priorität ihres Kabinetts. Das lässt auf eine harte Haltung gegenüber den Unabhängigkeitsbewegungen in Aceh und Westpapua schließen. Schon mit Megawatis Machtübernahme hatte das Militär seine Position stärken können. SVEN HANSEN

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