Qualen nach Zahlen

„Die Kernbranche ist da“: 821 Aussteller aus 33 Ländern, mehr als 100 weniger als im Boomjahr 2000. Aber noch immer gilt: „Ich existiere, also popkomme ich“

Vom 16. bis zum 18. August wird sich in Köln unweigerlich das sommerliche Alle-Jahre-wieder-Gefühl der Musik verarbeitenden Industrie einstellen. 586 Acts, Bands und DJs werden die Stadt auf 86 Konzerten summen und brummen lassen. 126 internationale Referenten werden auf 38 Panels allerlei Erhellendes von sich geben und wie immer elegant zwischen smartem Gejammer, duften Visionen und einem dezent-optimitischen Blick aufs nächste Jahr pendeln.

Aber ja doch: Die Sache mit dem CD-Selberbrennen ist nach wie vor schlimm und sorgt weiterhin für Umsatzverlust. Für wie viel genau, ist noch nicht raus, der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft wird die neuesten Zahlen anlässlich der Popkomm veröffentlichen. 2000 ist der Umsatz auf dem deutschen Tonträgermarkt von 4,890 Milliarden auf 4,780 Milliarden gesunken, das ergibt einen Verlust von 2,2 Prozent. Na klar, sicherlich: Napster ist nicht mehr relevant. Und die anderen Portale, über die für lau Musik verschoben wird, kriegen wir auch noch in den Griff. So oder so ähnlich wird’s garantiert auch auf der 13. Ausgabe der Popkomm wieder zu hören sein.

Eitelkeit rules im Musikbiz. Das ist nun mal so, wenn auch keinesfalls gut so. Denn ganz so business as usual wird’s 2001 dann doch nicht werden. Was vor allem daran liegt, dass sich das Seid-ihr-alle-da?-Gefühl in diesem Jahr nicht so recht einstellen wird. Heike Rybienski, die, übersetzt, den Posten einer Popkomm-Kommunikationsdirektorin bekleidet, gibt sich zwar zufrieden: „Die Kernbranche ist da. Alle kommen, niemand erlaubt sich in diesem Jahr zu fehlen“, sagt sie. Das ist gut für die Veranstalter, aber auch schade: Wäre doch toll, wenn einer mal den Mumm hätte, durch Abwesenheit angenehm aufzufallen. Die, die den Mut zu gepflegter Absenz nicht haben, sorgen dafür, dass das 99er-Ergebnis von 807 Ausstellern übertroffen wird: 2001 haben sich 821 Aussteller aus 33 Ländern gemeldet.

Das exorbitant erfolgreiche Jahr 2000 mit 924 Austellern aus 32 Ländern – als die Popkomm vorübergehend zur Dotcom mutierte – wird jedoch nicht erreicht. Rascal Hüppe, Berufsbezeichnung „Director Business Development/Member of the Board“, analysiert diese Situation messerscharf: „Das Ausnahmejahr 2000 lässt sich nicht so einfach wiederholen, weil viele Unternehmen aus dem Online-Bereich schlichtweg nicht mehr existieren und somit auch keinen Stand buchen können. Aus der Kernbranche sind aber alle vor Ort!“ Merke: Nur wer noch da ist, kann auch buchen. Ich existiere, also popkomme ich.

MARTIN WEBER