: Intelligenz gegen Stau
■ Damit Europa nicht an seinem Erfolg erstickt: Kompetenzzentrum in Harburg soll helfen, Verkehrsträger besser zu kombinieren Von Gernot Knödler
Hamburg und Bremen stemmen sich gegen die europäische Verkehrslawine. Mit Unterstützung der Europäischen Union haben sie eine Einrichtung gegründet, die helfen soll, die verschiedenen Verkehrsträger besser miteinander zu verknüpfen. Spediteure sollen es in Zukunft leichter haben, Güter nicht nur auf der Straße zu transportieren, sondern sie zwischendurch mal auf die Bahn, das Schiff oder das Flugzeug umzuladen.
Wie gestern im Rathaus deutlich wurde, hofft die EU, die existierenden Verkehrswege besser auslasten zu können. Denn mit Neubauten alleine ist das Problem nicht zu lösen: Der Verkehr wird in den kommenden Jahren so stark zunehmen, dass die Mitgliedsländer mit dem Bau von Straßen, Schienen und Wasserwegen nicht hinterherkommen.
Bliebe es bei der heutigen Politik, würden die europäischen Lastwagen 2010 doppelt so viele Kilometer fressen wie heute. Schon jetzt blockieren Staus nach EU-Angaben zehn Prozent des transeuropäischen Straßen- und 20 Prozent des Schienennetzes; 30 Prozent aller Flüge auf den wichtigsten Airports haben mehr als eine Viertelstunde Verspätung. Alles ein Problem der Verteilung, findet Mark Major von der Generaldirektion für Verkehr der EU. Denn beim Warenverkehr dominieren mit 44 beziehungsweise 41 Prozent die Straße und die See, im Passagierverkehr mit 79 Prozent die Straße.
Das jetzt gegründete European Reference Centre for Intermodal Freight Transport (Eurift) soll diese Probleme im Güterverkehr lindern, indem es die besten Lösungen für Verkehrsmittel-Kombinationen sammelt und weiterträgt. Mitgründer sind die TU Harburg, das dortige European Centre for Transport and Logistics, das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) in Bremen und die TU Chalmers in Schweden.
„Es geht darum, mit intelligenten Lösungen eine Optimierung der Verkehrssysteme anzustreben“, sagte die Bremer Staatsrätin Sibylle Winther. Die Seehafenstädte hätten daran ein ureigenes Interesse. Hamburgs Wirtschaftssenator Thomas Mirow: „Die entscheidenden Wettbewerbsaspekte im Seeverkehr liegen in der Frage: Wie geht es weiter, nachdem eine Ware auf den Kai gelegt wurde?“
Wie wirksam dabei die Stellschraube ist, mit der sich Eurift beschäftigt, ist allerdings offen. Viele Spediteure, die Ware von Hamburg nach Süddeutschland transportieren wollen, würden zum Beispiel gerne stärker mit der Bahn zusammenarbeiten, trauen sich aber nicht, weil sie fürchten, die Bahn könnte ihnen die Kundschaft abjagen. Volker Strube vom Verein Hamburger Spediteure meinte skeptisch, eine Umverteilung der Ware zwischen den Verkehrsträgern lasse sich nur über den Preis steuern.
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