piwik no script img

Kein Platz für illegale Afrikaner

Aus für Spaniens „Karawane der Habenichtse“: Polizei in Barcelona verhaftete 112 der illegalen Migranten, die wochenlang auf Plätzen im Stadtzentrum gelebt hatten. Nun droht Abschiebung. Die Entkommenen werden von Gewerkschaftlern versteckt

aus Madrid HANS-GÜNTER KELLNER

„Verhaftet so viele ihr kriegen könnt!“ Das hörte am Donnerstag kurz nach 17 Uhr ein Reporter der spanischen Tageszeitung El Mundo aus dem Funkgerät eines Polizeifahrzeuges in Barcelona. Der Befehl ging an rund 100 Beamte, die auch sogleich von der Gran Vía auf die Plaza Malraux losmarschierten. Dort bildeten sie einen Ring und gingen auf die mehreren hundert Einwanderer zu, die dort nach wochenlanger Odyssee durch die Stadt campierten. Die sprangen in Panik auf und versuchten, die Polizeikette zu durchbrechen. 112 wurden dennoch festgenommen.

Die Einsatzleitung hatte für die Razzia den günstigsten Moment abgepasst. Vertreter von Hilfsorganisationen wollen schon während des ganzen Tages Polizisten in Zivil um den Platz gesehen haben. Trotzdem verbrachte ein großer Teil der Helfer den Tag mit einer Gesandtschaft der Einwanderer in einem Versammlungssaal der „Arbeiterkommissionen“. Danach war eine Pressekonferenz angekündigt. Die Afrikaner auf dem Platz waren unter sich.

Nach den gestrigen Presseberichten wurde um die Plaza Malraux eine regelrechte Jagd auf Schwarze veranstaltet. Dabei verhafteten die Beamten mehrere Touristen, darunter einen Urlauber mit schwarzer Hautfarbe, der jedoch wenig später freikam.

91 der Festgenommenen sitzen nun im Gefängnis. Wenn sie keine Aufenthaltsgenehmigung oder kein Verfahren zur Erteilung einer solchen haben, sollen sie abgeschoben werden, berichtet der spanische Rundfunk. Und dies, obwohl ihre Herkunft nicht klar ist. Die Behörden behaupten, die Einwanderer stammten aus Nigeria. Die Einwanderer selbst geben ihre Heimatländer mit Sierra Leone oder Ghana an. Der Grund für den Streit: Spanien hat nur mit Nigeria ein Abkommen über die Rücknahme nigerianischer Staatsbürger abgeschlossen. Menschen aus anderen Staaten Westafrikas können theoretisch nicht abgeschoben werden. Das wissen natürlich auch die Einwanderer.

Die nun drohende Abschiebung hofften die Afrikaner eigentlich zu verhindern, als sie sich vor mehreren Wochen auf der Plaza Catalunya mitten in Barcelonas schmucker Innenstadt zu einer Gruppe zusammengefunden hatten. So wurden sie von den Medien wahrgenommen. Doch die Polizei verscheuchte sie immer wieder von den Plätzen der katalanischen Metropole, ohne dass es dabei zu Verhaftungen gekommen wäre.

Die Einwanderer, die nicht untergetaucht sind, will die Gewerkschaft „Arbeiterkommissionen“ jetzt in ihren Gebäuden unterbringen. Dort seien sie vor Überfällen wie am Donnerstag sicher, sagte ein Sprecher. Außerdem wollen die Gewerkschaften gegen die Regierungsdelegierten Strafanzeige erstatten, die den Polizeieinsatz angeordnet hatte. Julia Garcia Valdecasas sei für „Machtmissbrauch und unverhältnismäßige Gewaltanwendung“ verantwortlich, erklären die Gewerkschaftler. Die Regierung meldete unterdessen, gegen fünf der Verhafteten hätten Haftbefehle vorgelegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen