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Hüter des Marktes gefordert

Im Internet können ganz schnell Monopole entstehen, warnt ein Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium. Kartellämter sollen sich verstärkt einmischen

BERLIN taz ■ Fast hätten die Journalisten, die gestern zur Vorstellung des Gutachtens „Wettbewerbspolitik für den Cyberspace“ ins Bundeswirtschaftsministerium gekommen waren, gleich wieder eingepackt. Empfahl doch Christoph Engel, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats und somit Mitautor der Studie, der Bundesregierung wenig nachrichtenrelevant; „Tun Sie nichts.“ Und erklärte, das Kartellrecht reiche für die Besonderheiten der Internetwirtschaft völlig aus. Dann aber schob er hinterher, dass das nur „auf dem hohen Abstraktionsgrad“ der geltenden Gesetze beruhe. In der Praxis müssten die Kartellbehörden dagegen umdenken. So änderten sich Marktabgrenzungen, Innovationsgeschwindigkeiten, Formen der Zusammenarbeit und Finanzierungswege. Beim Bundeskartellamt in Bonn wies man die Kritik zurück. Die Besonderheiten der Internetwirtschaft seien dort durchaus bekannt und fänden sich längst in der Arbeit wieder.

Als Beispiel nennen die 36 Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler, die dem Beirat angehören, im Gutachten die Kooperation zwischen Unternehmen in Forschung und Entwicklung: IT-Unternehmen neigten dazu, die entsprechenden Bereiche zusammenzulegen oder sich zumindest zu vernetzen. Bisher verhielten sich die Wettbewerbshüter dazu relativ großzügig, weil aktuelle Märkte davon kaum berührt sind. Weil Innovationszyklen auf den meisten Internetmärkten sehr kurz seien, komme Erfindungen und Entwicklungen aber sehr wohl eine wettbewerbsrelevante Rolle zu: Nach Ansicht der Gutachter kann sich sogar eine Wettbewerbsbeschränkung bis hin zum Monopol ergeben, wenn die spezifischen Ressourcen, die zur Entwicklung der nächsten Produktgeneration erforderlich sind, auf diese Weise in eine Hand kommen.

Bei grenzüberschreitenden Kooperationen werde der Wettbewerb durch die einschlägige Gruppenfreistellungsverordnung der EU-Kommission sogar von vornherein behindert. Diese müsse deshalb abgeschafft werden. Der globale Charakter des Netzes selbst verursache dagegen keine Schwierigkeiten. Denn jeder Vorgang, der im Ausland stattfindet, aber spürbare Auswirkung auf die inländischen Märkte hat, falle unter das heimische Kartellrecht.

Ein Sprecher des Bundeskartellamtes stimmte mit den Gutachtern darin überein, dass die kartellrechtlichen Regelungen absolut ausreichend seien. Allerdings sehe man nicht, dass man in der Praxis etwas versäumt habe. Kooperationen bei Forschung und Entwicklung unterlägen schon heute der normalen Fusionskontrolle, die Gruppenfreistellungsverordnung sei erst Anfang des Jahres geändert worden. Verstoßpotenzial vermute man eher bei den Internetplattformen, mit denen Unternehmen ihre Aktivitäten vor allem beim Ein- und Verkauf bündeln. „Für uns ist wichtig, dass es dadurch keine Bündelung der Nachfrage gibt und der Zugang nicht behindert wird“, so der Sprecher. Diesen Anforderungen hätten aber alle bislang überprüften Plattformen genügt. BEATE WILLMS

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