Die unsichtbare Gebisskorrektur

Die Charité stellte gestern die transparente Zahnspange vor. Sie ist teuer, uncool und nur für Erwachsene zu haben

Es funkelt in aller Munde. Und die Kids stehen drauf. Zahnspangen sind heute „in“ wie Bauchnabelpiercings. Das dentale Stahlgerüst ist für viele schon lange nicht mehr grausames Folterwerkzeug. Die Schönheitsapparatur hat es sogar auf die Modeseiten der Bravo geschafft.

Erwachsene dagegen mögen’s unauffälliger. Auch sie können strahlen: Ein Korsett für schräge Beißer gibt’s jetzt auch in durchsichtig. Prof. Dr. Reginald Miethke von der Charité Berlin präsentierte gestern eine Innovation in der Kieferorthopädie: transparente Plastikschienen, die Zähne in die richtige Position bringen. Entwickelt wurde das neue System von der Align Technology GmbH im kalifornischen Silicon Valley.

Und so funktioniert die Behandlung: Ein Silikonabdruck des Patientengebisses wird nach Kalifornien verschickt. Vier Wochen später erhält der Behandelte zwischen zehn und 60 via Computergrafik erstellte Plastikschienen. Jede Schiene verschiebt die Zähne um maximal 0,2 Millimeter. Nach 14 Tagen muss der Patient eine neue, etwas kleinere Schiene einlegen und 22 Stunden täglich im Mund behalten. Sieben bis 24 Monate lang.

Ist die Behandlung abgeschlossen, müssen die Betroffenen Haltespangen tragen, um die Position der Zähne zu stabilisieren. Soweit, so bekannt. Was also sind dann – vom ästhetischen Gewinn abgesehen – die Vorteile der Plastikvariante: „Da sich die neue Spange jederzeit herausnehmen lässt, können die Patienten Zähne und Schienen viel besser reinigen“, meint Miethke. Zahnspangenträger laufen bislang Gefahr, leicht Karies zu bekommen. Außerdem seien die Metallteile oft störrisch, eckten gern an Zunge oder Zahnfleisch an und lösten so Reizungen und Entzündungen aus. Zudem behindert die neue Spange nicht beim Sprechen.

Die Hauptbehandlungsgruppe der Kieferorthopäden aber, die 9- bis 13-Jährigen, profitieren von der neuen Behandlungsmethode nicht. Denn für die unsichtbare Spange müssen Zahndurchbruch und Schädelwachstum abgeschlossen sein. Und das ist frühestens ab dem 16. Lebensjahr der Fall. Erwachsene wiederum beißen sich an hohen Kosten die Zähne aus: Die Behandlungskosten liegen zwischen 5.000 und 9.000 Mark. Die Krankenkassen übernehmen sie nicht.

Die Idee für die unsichtbare Spange geht auf den amerikanischen Investmentbanker Zia Chishti zurück: Lange sehnte er den Moment herbei, in dem ihn der Zahnarzt von Drähten und Schlössern, in der Fachsprache auch Brackets genannt, befreien und er seinen Kunden ein strahlendes Lächeln schenken würde. Zum Abschluss der Behandlung musste er eine stützende Plastikschiene tragen. Mit dieser fühlte er sich wesentlich wohler und so kam ihm die Idee: eine transparente Klammer für den ganzen Behandlungsprozess – unauffällig, leicht, ästhetisch.

Theda Funk gehört zur ersten deutschen Patientengruppe, die in der Zahnklinik der Charité mit der neuen Methode behandelt wird. Die Zähne ihres Unterkiefers hatten sich etwas verschoben. „Jetzt sieht man schon einen schönen Erfolg“, freut sie sich.

YVONNE GLOBERT

Der Bundesverband der Kieferorthopäden (BDK) hat 1.200 Mitglieder für die neue Behandlungsmethode geschult. Info-Tel.: (08 21) 15 65 10