: Personifizierter Albtraum der Liberalen
Jesse Helms will nicht mehr für den US-Senat kandidieren. Ein klassisches Feindbild der Liberalen verlässt die Politik
„Die Vereinigten Staaten müssen als leuchtendes Beispiel vorangehen und als moralische, politische und militärische Führungsmacht die Fackel von Recht und Ordnung in die Welt tragen.“ Mit diesen Worten skizzierte der Republikaner Jesse Helms in seinem Buch „Entering the Pacific Century“ 1996 sein Verständnis US-amerikanischer Außenpolitik.
Jesse Helms, geboren 1921 und seit 1973 Senatsmitglied, hatte von 1995 bis 2001 den Vorsitz des einflussreichen Auswärtigen Ausschusses im US-Senat inne. Ein Amt, das er im Sinne seiner außenpolitischen Ideologie auszufüllen wusste. Als eines der letzten Glanzstücke seiner Karriere initiierte er 1996 das Helms-Burton-Gesetz. Es erlaubt US-Bürgern und -Firmen, ausländische Unternehmen vor US-Gerichten zu verklagen, falls sie auf Kuba ehemals US-amerikanische, nach 1959 enteignete Anlagen benutzen. Andere außenpolitische Aktivitäten Helms’ stehen dem Gesetz in nichts nach. Auslandshilfe ist für Helms vor allem das Geld US-amerikanischer Steuerzahler, das an Länder vergeudet wird, die dann in der UNO gegen die USA stimmen. Überhaupt, die UNO – ein beliebtes Thema bei Helms. Sie kostet den amerikanischen Steuerzahler Milliarden, ohne eine Politik im Interesse Amerikas zu verfolgen. Also setzte er die UNO finanziell unter Druck. Amerikanische Zahlungen würden ausbleiben, wenn die Souveränität der USA in Zukunft nicht respektiert werden würde. Alles, was den Anstrich multilateraler Zusammenarbeit hat, ist ihm suspekt. Als christlicher Südstaatler lehnte er die Zusammenarbeit mit den Folterknechten dieser Welt nicht automatisch ab.
Außenpolitisch eine Wunderwaffe Amerikas, die sich immer wieder selbst übertraf, hatte er auch innenpolitisch viel beizutragen. Mit seinem Verhalten brachte er sogar republikanische Abgeordnete gegen sich auf. Er bekämpft alles, was aus seiner Sicht politisch links von ihm anzusiedeln ist. Und das ist vieles. Die „schweinische“ moderne Kunst verdankt ihm, dass ihr massiv staatliche Förderungen gekürzt wurden. Unter den Homosexuellen ist er als „Schwulenfresser“ bekannt, der statt Aidsaufklärung lieber Zwangstests verlangt. Viele seiner Innovationen landeten im Laufe seiner Karriere zwar im Papierkorb, dennoch blieb er einer der einflussreichsten konservativen Politiker.
Der einstige Lokalredakteur der Raleigh Times und Tabaklobbyist startete seine Karriere nicht, wie in den USA üblich, nach einem Studienabschluss. Sein politisches Handwerk lernte er als Gehilfe des rassenbewussten Senatskandidaten Willis Smith, der sich in den 50er-Jahren wacker gegen die drohende Rassenvermischung in den USA zur Wehr setzte. Helms’ Methoden sind vergleichsweise subtiler, dennoch wirksamer Art. So kritisierte er die Politik der Affirmative Action 1990 mit einem Fernsehspot. Zwei weiße Hände zerknüllen langsam einen Brief. Die Stimme aus dem Off säuselt: „Du hast diesen Job gewollt und du warst der Richtige. Ein weniger Qualifizierter hat ihn bekommen, weil er einer Minderheit angehört.“
Für seine mehrheitlich ländlichen Wähler in seiner Heimat, dem US-Bundesstaat North Carolina, ist er ein aufrechtes moralisches Urgestein. Für die nächste Amszeit möchte er trotz der Unterstützung nicht mehr bereitstehen. CARMEN BECKER
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