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■ Urdrüs wahre KolumneMit Hochzeitsarrangement

Allen norwegischen LeserInnen dieser Zeilen gratuliere ich auf das Herzlichste zu ihrer zauberhaften Mette-Marit Tjessem Hoiby, die morgen ab 16 Uhr (vor den Live-Kameras von ARD und ZDF) mit Kronprinz Haakon getraut wird, endlich mal über eine landes-untypische „Sex, Drugs & Rock & Roll“-Vergangenheit verfügt und obendrein schon mal einen vierjährigen Sohn als möglichen Thronfolger einbringt: So und nur so retten wir die Monarchie, die Frau im Spiegel und die Märchenwelt. Die bösen Drachen dieser Welt wie Rüstungsindustrie, Interbrew, AKW- und Autowahn werden wir aber dennoch selbst erschlagen müssen.

Der mutmaßlich ziemlich schräge Onkel, dem sein Brandanschlag auf das Haus von Nashornbürgermeister Henning Sch. zum Glück misslang, gab immerhin dem Regierungschef der Herzen Gelegenheit, sich wieder mal als unaufgeregter und mitunter sogar angenehm menschelnder Bürger-Meister zu beweisen. Wenn der infame Joschka und der tumbe Rudolf doch nur ein paar Quentchen davon hätten – mir wäre um den Frieden auf dem Balkan und in Nahost weniger bange.

Im Reisebüro wollen zwei vergleichsweise junge Männer einen Zweiwochen-Aufenthalt in Portugal buchen und prompt fragt die neckische Touristik-Fachkraft, ob es „mit Hochzeitsarrange-ment“ sein solle: „Da gibt es zur Begrüßung eine Flasche Champagner, einen Blumenkorb und ein besonders romantisches Erkerzimmer mit Himmelbett. Dann bräuchte ich allerdings eine Kopie von den Standesamt-Unterlagen, weil, dieses Extra ist umsonst, aber eben nur, wenn die Voraussetzungen geprüft sind ...“ Irritiert schauen sich die beiden Reiselustigen an: mitunter ist das Marketing der Touristik-Industrie eben schneller als der Schall und die Wirklichkeit.

Aus für das „Moments“ – jetzt hat der Handel mit harten Drogen wieder seine überdachte Zukunft im Viertel und die von den Kulturbehörden nicht gewährten Minizuschüsse fürs Programm und seine mögliche Ausweitung fließen wieder in Bullizei und Straßenreinigung. Ich mach mir das zu einfach? Die Wahrheit ist eben immer einfacher als die Lüge.

Das Auswärtige Amt warnt vorm Risiko von Reisen selbst in die Hochsicherheitszonen der Touristikregionen von Sri Lanka, während das hiesige Ausländeramt Flüchtlinge versandfertig macht: Nur deutsches Blut ist eben ein besonderer Saft für den administrativen Rassismus. Der Verachtungsschluck auf die Betreiber solcher Maßnahmen könnte einen fast zum Alkoholiker werden lassen. Kein Wunder, wenn sensible Menschen ihre Nieren- und Gallensteine irgendwohin werfen müssen!

Wer zu den Frühschwimmern im Lande gehört und bereits morgens um sieben, wenn die Welt noch in Ordnung ist, durch die Pools öffentlicher Schwimmbäder zieht, der weiß sich in der Gelassenheit seines Tuns zumeist einig mit den zwanzig oder dreißig anderen, die jetzt schon im mild gechlorten Wasser planschen. Wehe aber, wenn dann jene ein oder zwei Albatrosse erscheinen, die wie verwässerte Schumibrüder durch die Fluten kraulen, mit dem unsichtbaren, aber dennoch gut lesbarem Brett vorm Kopp „Aus dem Weg, ihr lahmen Enten“. In ihrem Drang nach freier Jagd für freie Schwimmer schmettern sie ihre Pranken achtlos auf jeden, der ihnen brustschwimmend in die Quere kommt. Solche Menschen, oder sagen wir doch passender: solche Leute, sie sind vermutlich Turnlehrer, Kaufhausdetektive oder sonstige verkrachte Existenzen, Anlageberater auf der Flucht vor ihren düpierten Kunden, heißen am Ende Roland Berger oder Kuno Böse. Sie müssen vielleicht handeln und sein, wie sie sind, aber ob sie unbedingt morgens um sieben schon dabei sein müssen, wenn die Welt an sich noch in Ordnung sein sollte – das fragt sich und Sie

Ulrich „Genua überall“ Reineking

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