piwik no script img

Wenn der Bischof den Teufel reizt

Die umstrittene Ehe von Monsignore Milingo aus Sambia ruft die Mun-Sekte und die katholische Kirche auf den Plan. Wer kann den charismatischen Guru für sich gewinnen? Bisher liegt der Vatikan nach Punkten klar in Führung

ROM taz ■ Das kommt in den besten Familien vor: Reifer alter Herr heiratet nicht ganz so alte Dame; die Familie wittert eine Mesalliance und macht dem Opa Dampf, bis er sich's anders überlegt und die frisch Gefreite schnöde sitzen lässt; die wiederum mag von ihrem Liebsten nicht lassen und will per Hungerstreik wenigstens eine Aussprache erzwingen.

Die Geschichte hätte bestenfalls für Klatsch im Treppenhaus gereicht – wenn die Persona dramatis Nr. 1 nicht ein Erzbischof wäre: Monsignore Emmanuel Milingo aus Lusaka, Sambia. Seit nun fast vier Monaten unterhält der 71-Jährige die ganze Welt mit einer grotesken Inszenierung, und gerade ist die Schlussrunde angesagt. Ein bisschen Posse ist da geboten, aber auch echtes Drama: Schließlich zankt nicht bloß ein alter Gockel mit seiner Braut. Zwei mehr oder minder reputierliche Religionsgemeinschaften messen ihre Kräfte – des Bischofs Kurzzeitgattin Maria Sung, 43, gehört zur „Vereinigungskirche“ des Herrn Mun.

Eigentlich waren die beiden ein schönes Paar, der Afrikaner und die Koreanerin, als sie sich das Jawort gaben. Um den spirituellen Einklang musste man sich keine Sorgen machen. Frau Sung hat Erfahrung als Mun-Sektiererin – und Milingo konnte auf eine lange Katholikenkarriere zurückblicken, die bombenfest sektentauglich ist. Teufelsaustreibungen, afrikanische Riten, die ihm aus den eigenen Reihen den Vorwurf der Hexerei eintrugen, dazu das Gehabe eines Show-Stars, der Rap-CDs aufnimmt: Sogar Herr Mun könnte da noch was lernen.

Der Kirche war das alles mit den Jahren etwas peinlich geworden; sie hatte Milingo aus Lusaka ins italienische Exil strafversetzt, wo der alerte Bischof dann fleißig weiter exorzierte und wilde Erweckungsmessen feierte. Das war ein Ärgernis, aber kein Skandal. Zum Skandal wurde Milingo erst, als er am 27. Mai in den unheiligen Stand der Ehe trat.

Frau Sung erfuhr schnell, dass noch jedes junge Glück am Widerstand der Schwiegereltern scheitern kann. Vater und Mutter hätten sich quergelegt, ließ Herr Milingo im Abschiedsbrief wissen: der „Heilige Vater“ nämlich samt der „Mutter Kirche“. Die elterlichen Proteste machten so starken Eindruck auf den Gescholtenen, dass er die Angetraute verstieß und der Serie seiner Exorzismus-Wunder noch ein kleines Mirakel zufügte: mit einem Schlag wurde ihm die Ehefrau nun zur „Schwester Maria“.

Maria aber denkt gar nicht daran, sich per Post abservieren zu lassen. Stattdessen gibt sie seit nun zwei Wochen die Schwester Dolorosa, mit einem Hungerstreik direkt vor den Toren des Vatikan, umgeben von Munies, mit Gebetswachen auf dem Petersplatz, mit tränenreichen Pressekonferenzen („ti amo“) und Großtransparenten: „Where 's Milingo?“ Sie will ihren Schatz wiederhaben, auch wenn der keine Neigung zeigt.

Das wäre nun ein War of Roses, der, wie gesagt, keinen interessierte, wenn nicht ganz andere Protagonisten fleißig mitkämpften. Zweitrangig, ob nun Frau Sung ihren Bischof kriegt oder nicht. Es geht um mehr: Wer kann den durchgedrehten, aber als ziemlich charismatisch anerkannten Guru aus Sambia für sich gewinnen, wer macht das Rennen um den Sektierer mit hohem Verführungspozential – Herr Mun oder Johannes Paul?

Am Wochenende lag die katholische Kirche klar nach Punkten vorn. Im diplomatischen Gezerre um die Modalitäten eines „letzten Treffens“ – mit oder ohne Zeugen, in einer Kirche oder in der koreanischen Botschaft, eine Stunde oder auch länger etc. – ließen die Katholiken die Munies als Verweigerer aussehen. Und dann hatten sie noch einen wunderbaren Kronzeugen aufzubieten, den Kardinal Giovanni Cheli. Der erzählte in einem TV-Interview, warum alles so gekommen ist. Herr Milingo selbst habe schon vor Jahren gesagt, eines Tages werde der Teufel sich für all die Austreibungen wohl an ihm rächen. Dann lächelt der Kardinal weise, spricht vom „Pferdefuß des Satans“ in Monsignore Milingos Versuchungen und überlässt es dem Zuschauer, Schlüsse zu ziehen: Satan mit dem pausbäckigen Gesicht der Frau Maria Sung.

Da bleibt nur eine Frage offen: Warum ist Frau Sung ihrem Exlover immer noch „Schwester“, warum schließt er sie in seine Gebete ein? Wenn das nicht mit dem Teufel zugeht . . .

MICHAEL BRAUN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen