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Am Hafen schlafen

Glück zwischen Metallplanken: Auf dem Festival „Circles of Confusion“ waren Filme in Schiffsbäuchen zu sehen

Merkwürdige Gegend. Betonplattenhochhäuser mit Blick auf die Spreeschleuse und eine Ansammlung von alten Kähnen. An der Bushalte kann der Wartende Tänzerinnen in einer Tanzschule beobachten. Hundert Meter weiter trifft er auf zwei Braunbären, die sich im Wasser eine Prügelei liefern. Noch weiter hat der Schurkenstaat China die rote Fahne gehisst.

Letztes Wochenende feierte der Hafen sich selbst. Auf Kneipenschiffen lungerte der typische Feierberliner rum, am Straßenstand brutzelten frische Donuts. Wer Glück hatte, fand den Weg zur Fischerinsel. Hier hatte für vier Tage das Filmfestival „Circles of Confusion“ angeheuert. Auf dem Deck der „Agnes“ flimmerten Bilder über drei Leinwände. Kurzfilme, Experimetelles von 1 bis 5:30 Min. verwirrten die Flaneure. Den meisten aber ging’s nur nebenbei um die Filme. Einen hübscheren Ort zum Getränkeeinnehmen kann man sich kaum vorstellen.

Hinter der „Agnes“ betreten wir den tiefen Bauch der „MS Anna“. Zwischen rostigen Metallplanken laufen ebenfalls Kurzfilme. Komisches Zeugs wird präsentiert. Gerade läuft „How Rapunzel Felt“ von Dominique Baudet, in dem drei junge Frauen wie im Stummfilm rumtanzen, eine presst einen Stuhl an sich, der die Sicht auf ihre Brust behindert. Dann tritt ein junger Regisseur aus dem Dunkel des Schiffsbauchs ins Scheinwerferlicht. Stefan Maetz will seinem Werk „Glück“ einige Ausführungen wissenschaftlicher Art voranstellen. Auf einem Schaubild zeichnet Maetz diverse G-Punkte ein, die es zu kreuzen gelte, um zum „Glück“ zu kommen.

Der Film ist dann auch so. Ein verzweifelter Typ torkelt über die Kastanienallee, wird von Frauen angestiert. So wird das nichts, und schwups landet der Mann auf einem S-Bahn-Gleis. Die Kamera folgt ihm auf das lange nicht mehr im Film als chaotische Wildnis mit zugewachsenen Gleisen gesehene Gelände beim S-Bahnhof Papestraße. Auf dem alten Wasserturm steht das Ziel geschrieben, man muss das Glück nur noch mit dem Steinwurf treffen.

Schnell ins Solarboot. Das bringt uns zur dritten Station der Confusions. Im Hinterhof der Rungestr. 20 hat sich die C-Base eingerichtet und zeigt Filme von rund einer Stunde Länge zwischen lauter Elektronikschrott, der an den Wänden blinkert. Nicht viel los. Zurück zum letzten Solarboot auf der Spree. An der Brandmauer ein bestimmt fünf Meter hohes PLO-Graffito. Wie fahren Solarboote eigentlich im Dunkeln? ANDREAS BECKER

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