: Einer muss der Esel sein
Berlin und Brandenburg reagieren ablehnend auf das Angebot des Konsortiums IVG/Hochtief für eine Privatisierung des Großflughafens Schönefeld. Stolpe hält Bau durch öffentliche Hand für möglich
von ANDREAS SPANNBAUER
Der planmäßige Bau des Großflughafens Schönefeld wird immer unwahrscheinlicher. „Wir sind mit dem bisherigen Angebot nicht zufrieden“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gestern über das Konzept der Konzerne Hochtief und IVG AG für eine private Finanzierung des Airports, das dem Senat seit Anfang August vorliegt. Zuvor hatte Wowereit am Montagabend mit seinem brandenburgischen Kollegen Manfred Stolpe (SPD) sowie dem zuständigen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Ralf Nagel, über das Angebot des Konsortiums beraten.
Wowereit sagte, es sei nicht sicher, ob das Privatisierungsverfahren mit diesem Anbieter durchgeführt werden könne. Nicht bestätigen wollte er, dass das Angebot von IVG/Hochtief lediglich ein Zehntel der ursprünglich erwarteten 500 Millionen Mark betragen soll. Stolpe teilte mit, es gebe wesentliche Dinge zu besprechen. Sein Sprecher Erhard Thomas hatte zuvor das Konzept als „so nicht verhandlungsfähig“ bezeichnet. Berlin, Brandenburg und der Bund sind Gesellschafter der Berlin Brandenburg Flughafenholding (BBF), in deren Eigentum sich die drei Berliner Flughäfen befinden.
Nach Angaben aus Kreisen der Gesellschafter droht der öffentlichen Hand bei einer Realisierung des IVG/Hochtief-Entwurfs ein Defizit von über einer Milliarde Mark. „Es gibt erhebliche Differenzen zum Ausschreibungstext“, sagte Wowereit. Einzelne Bereiche des Angebots würden „kritisch gesehen“. Wowereit nannte die Kosten der Umsiedlung von Anwohnern, rechtliche und finanzielle Fragen im Zusammenhang mit dem Grunderwerb und der Verkehrsanbindung sowie die Verteilung der finanziellen und haftungsrechtlichen Projektrisiken. Der Regierende Bürgermeister warnte die Investoren davor, das Land Berlin wegen seiner schwierigen finanziellen Lage für erpressbar zu halten. Bei Verhandlungen gebe es immer „nicht nur eine Lösung“. Er sei jedoch überzeugt davon, dass der Großflughafen wie geplant bis zum Jahr 2007 fertiggestellt werde. „Wir gehen keinen Zentimeter zurück.“
Berlin, Brandenburg und der Bund wollen das Angebot jetzt bis Mitte September gründlich prüfen. Danach soll eine Entscheidung über mögliche Nachverhandlungen fallen. Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe schloss auch einen Verzicht auf die Privatisierung des Flughafenbaus nicht mehr aus. Gewinne und Risiken müssten gerecht verteilt werden. Sollten die Lasten einer Privatisierung einseitig bei der öffentlichen Hand verbleiben, dann könnten die BBF-Gesellschafter auch unabhängig von einer Privatisierung bauen. „Statt einer Privatisierungsausschreibung würde es eine Finanzierungsausschreibung geben“, sagte Stolpe mit Blick auf die „nicht gerade rosige“ finanzielle Situation der beiden Länder. In diesem Fall solle der Flughafen erst nach seiner Fertigstellung an private Investoren verkauft werden. Der Airport am Rande der Hauptstadt sei nämlich „ein richtiger Dukatenesel“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen