: Studienplatz gegen soziales Engagement
ZVS-Beirat: Hochschulen sollen künftig jeden zweiten Studenten selbst auswählen. Ziel ist eine Reform der zentralen Studienplatzvergabe
LIST/SYLT dpa ■ Die Hochschulzulassung in Deutschland steht vor einer grundlegenden Neuordnung. Universitäten und Fachhochschulen sollen sich in den Numerus-Clausus-Fächern künftig etwa jeden zweiten Studienbewerber vorab nach eigenen Kriterien selbst aussuchen können. Dazu hat der Beirat der Dortmunder Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) überraschend einen einstimmigen Beschluss gefasst. In dem Gremium sind alle 16 Bundesländer, der Bund sowie die Hochschulen vertreten.
Wie der Beiratsborsitzende, Hamburgs Universitätspräsident Jürgen Lüthje, gestern auf einer Tagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in List/Sylt berichtete, sollen die Hochschulen sich damit „die Studenten aussuchen, die zu ihrem Fächerprofil passen“. So könnten Jurafakultäten mit Schwerpunkt „internationales Recht“ künftig Fremdsprachenkenntnisse besser gewichten, Mediziner soziales Engagement anerkennen.
Seit dem vergangenen Jahr dürfen sich die Hochschulen zwar bereits 20 Prozent der Studenten in den vierzehn Mangelfächern – dazu zählen auch Pharmazie, Psychologie und Betriebswirtschaft – selbst aussuchen. Dies ist ihnen aber zu wenig. Die übrigen 80 Prozent werden von der ZVS weiter nach Abitur-Notendurchschnitt und Wartezeit vergeben. Für die Ausweitung der Auswahlquote muss das Hochschulrahmengesetz geändert werden. Dies könne, so Lüthje, noch in diesem Jahr gemeinsam mit der Dienstrechtsreform für Professoren geschehen.
Die zunehmend unter Beschuss geratene ZVS soll nach dem Willen des Beirates grundlegend reformiert werden – und zwar „von einer Einrichtung staatlicher Mangelverwaltung zur Dienstleistungs- und Beratungseinrichtung für Hochschulen und Studenten“, sagte Lüthje. Die zentrale ZVS-Datenbank solle dabei Mehrfachbelegungen in den knappen NC-Fächern verhindern, die Studenten über ihre Bewerbungschancen informieren, die Besetzung der übrigen Studienplätze sicherstellen und den Hochschulen Servicearbeiten, wie etwa das Überprüfen von Zeugnissen, abnehmen.
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