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Blätter contra Schokohasen

■ Jubel bei allen Chocoholics und Schokoladenfressern: Die Schokoladenfabrik Hachez wird 111 Jahre alt und erhöht den Kakaoanteil von 55,5 Prozent auf 70 Prozent

„Schokolade macht glücklich“ sagt Hasso Nauck. Vor ihm steht eine Schale voller Pralinen, und während er spricht, pickt er sich eine nach der anderen heraus. Vor einem Jahr hat er gemeinsam mit Wolf Kropp-Büttner die Schokoladenfabrik „Chocolatier Hachez“ von der Zuckerraffinerie Tangermünde übernommen. Zuvor waren sie zehn Jahre lang die beiden Hauptgeschäftsführer gewesen.

In diesen Tagen nun feiert Hachez seinen 111. Geburtstag. Seit 106 Jahren liegt die Fabrik in der Westerstraße in der Bremer Neustadt. Dort duftet es nach Zartbitterschokolade, wenn nicht gerade wieder die Ausdünstungen von Beck's die ganze Gegend verpesten.

Hachez wird „Hascheeh“ augesprochen, nicht französisch „Aschéh.“ Nur die Amerikaner sagen „Hay-Cheese“ und verwechseln deswegen Hachez manchmal mit dem amerikanischen Schokokoloss „Hershey's“. Die Firma legt Wert auf Traditon: Partout schreibt sie Chocolade statt Schokolade und betont, nur echte „Bremer Chocolade“ herzustellen: „Genauso wie sie eine Whisky-Destille am Mississippi nicht 200 Meter weiter flußabwärts verlegen können, weil dann der Whisky anders schmeckt, können wir nicht eine Zweigstelle in Castrop-Rauxel oder Gelsenkirchen aufmachen“, sagt Nauck und zupft eine Praline aus ihrem Goldpapier. Wie würde das schon klingen: Castrop-Rauxel-Chocolade, „da schmeckt die Schokolade doch nicht mehr!“

Hachez gehört also nach Bremen wie Jack Daniels nach Tennessee. Von der Kampagne um den Whisky hat sich Hachez auch eine Scheibe abgeschnitten, beziehungsweise einen herzhaften Riegel abgebrochen: Im aktuellen Werbefilm ernten Kakao-Bauern mit der Machete Kakao; beißen Experten zur Qualitätsprüfung auf einzelne Kakaobohnen – und die Fabrikarbeiter hängen ihren Gedanken nach und schauen zu, wie in einen Melan-geur, einem Mixer, die Kakao-Bohnen zermalmt werden. Fast so beschaulich, wie es in Tennesee zugeht.

Das Paradepferd von Hachez sind die „Brauenen Blätter“: Eichen-, Wein- und Buchenblätter aus Zartbitterschokolade. Heute noch zücken Bremer Omas sie gerne aus der Kommode und belohnen damit ihre Enkel für eine Eins in Mathe. Der Firmenlegende nach ist dem damaligen Fabrikbesitzer Otto Hasse im Herbst 1923 etwas Laub auf das Haupt gerieselt. Dabei kam ihm die Idee, Blätter in Schokolade zu gießen: Die Zukunft von Hachez war damit gesichert.

Trotzdem hat Hachez offiziell nur einen geringen Marktanteil. Schlicht deshalb, weil die „Braunen Blätter“ nicht ins Schema der Marktforscher passen, die nur Pralinen, Tafeln, Weihnachtsmänner und Osterhasen zählen. Aber Nauck und Kropp-Büttner halten sowieso nicht viel von Massenmarkt und Massenwerbung. Sie belächeln die Großfusionen und Riesenpleiten der letzten Zeit. Ihnen geht es einzig darum, dass die ganze Hachez-Produktion aufgegessen wird. Im Managerdeutsch: „Uns geht es nicht um Market-Share sondern Stomach-Share“ (Magen-Anteile).

Ist es nicht verdächtig, wenn alle, die in einer Schokoladenfabrik arbeiten, schlank sind? Einige der rund 400 Angestellten sitzen in der Pause mit ihren Hygienehäubchen in der Sonne. Können sie noch Schokolade sehen? „Och, jaaa ...“. Die Chefs dagegen grinsen auf die Frage hin und stürzen sich auf die Schokolade.

Tom Brägelmann

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