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Die Company frisst ihre Eltern

„Unser Streit ist weder ein Generations- noch Kommunikationsproblem“. Gestern hatten Norbert Kentrup und Dagmar Papula ihren Auftritt in Sachen Geschwisterkrieg in der Bremer Shakespeare Company (bsc). Kentrup, 1983 Gründungsmitglied der Company, war im Juni gekündigt worden – ein Vatermord von shakespearehaften Dimensionen, wie seit dem öffentlich gemunkelt wird?

Alles falsch, erklärt der aus Finnland zurückgekehrte Theater-Hüne. Vielmehr gehe es um grundsätzlich verschiedene Theaterphilosophien. „Es geht um einen Paradigmen-Wechsel: Weg vom selbstverantwortlichen, politischen, unkündbaren Schauspieler, hin zum Regieschauspieler, der ständig um seinen Ein-Jahres-Vertrag zittern muss.“ Auch das bisherige künstlerische Konzept der bsc werde vom derzeitigen Vorstand verraten: Jetzt gebe es Bühnenbildtheater statt leerer Bühne, statt im VW-Bus fahre man im Siebentonner zu Gastspielen, die Vision sei kaputt. Kurz und vernichtend: Der neue Vorstand der bsc verfolge eine „Stadttheater-Ästhetik“. Kentrup: „Zwei Jahre habe ich gegen diese Veränderungen gekämpft, jetzt ist es vorbei.“

Genauso bitter resümierte Dagmar Papula: Die letzte Zeit sei „die Hölle“ gewesen. Besonders ihre Sonderrolle als Stückeschreiberin habe ihr großen Neid beschert – „meine Liebe zu diesem Theater vereiste.“ Und dann ein Satz , der womöglich auch ein gewisses Selbstverständnis ausdrückt: „Der König sollte ermordet werden, doch der König lebt.“

Wie kräftig er lebt, demonstrierten die beiden dann per Auflistung geplanter Aktivitäten: Auf Kentrup warte eine Opernregie, eine Gastprofessur in Sofia, Angebote all überall. Dagmar Papula: „Ein besseres Leben beginnt.“ Kentrup hingegen hätte lieber noch „weitergemacht“ in der Company. Unter dem Label „Shakespeare & Partner“ werden Papula und Kentrup ihre Stücke an verschiedensten Orten spielen – nach wie vor auch in Bremen. Theaterintendant Klaus Pierwoß habe ihnen für „Die Brüder Grimm“ seine Bühne eingeräumt, überhaupt seien Pläne in Bremen nach wie vor schmiedbar. Von einem zweisprachigen Theater-Studiengang an der „International University Bremen“ war die Rede, auch von der alten Idee einer Shakespeare-Akademie. Und Helga Trüpel, Kultur-Sprecherin der Grünen, kündigte an, mögliche Domizile – „zum Beispiel auf dem Teerhof“ – fördern zu wollen. Kentrup: „Nach 30 Jahren in Bremen Äer kam als junger Schauspieler in's Kurt-Hübner-EnsembleÜ würde mir ein Abschied sehr schwer fallen.“

Am Schluss fand Dagmar Papula sogar noch ein versöhnliches Wort für das Modell bsc: „Immerhin hat es 18 Jahre lang funktioniert – so rum kann man das auch sehen.“ HB

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