daumenkino: Quatsch mit Kusturica
Wenn Musiker ins Schauspielfach wechseln – oder Filmstars sich entschließen, Musik zu machen –, dann ist Vorsicht angebracht. Denn nur selten hält das Resultat, was der prominente Name verspricht.
No Smoking sind so etwas wie Belgrads Antwort auf die Toten Hosen. Ihren folkloristisch eingefärbten Fun-Punk tauften sie „Unza Unza“, was deutlich macht: Subtilität ist ihre Sache nicht. Wohl kaum wäre ihr Ruf über die Berge des Balkans nach Norden gedrungen, wenn nicht der Regisseur Emir Kusturica der Kapelle am Bass dienen würde.
In Berlin und Paris hat die Band schon gespielt, und Kusturica hat bei diesen Gelegenheiten seine Handkamera dabeigehabt. Aus diesem Material hat er nun seine „Super-8-Stories“ zusammengeschnipselt – keinen Konzertfilm, sondern ein Bandporträt. Wie schon in Wim Wenders’ „Buena Vista Social Club“-Doku werden die einzelnen Bandmitglieder szenisch vorgestellt, oft mit parodistischem Dreh: Da ist Dejan, der mit seiner Tuba sein Geld auf Beerdigungen verdient, die auf dem Balkan traditionell von Blasmusik begleitet werden. Und da ist der andere Dejan, der von Kindesbeinen an eine klassische Ausbildung genoss und heute den Violinen-Punk gibt. So lernt der Zuschauer immerhin, dass es sich bei den Musikern um begnadete Instrumentalisten handelt – eine Tatsache, die sich ihm leider nicht sofort erschließt.
Meist sieht man die Musiker zusammen im Bus herumalbern wie Halbwüchsige auf einem Schulausflug, was sich bei Kusturica und seinem Sohn Stribor, der am Schlagzeug waltet, schon mal zu einer echten Klopperei auswächst. Dieser Hang zum ständigen Klamauk wirkt aber auf die Dauer etwas ermüdend, und ausgeblendet bleibt der recht spannende Hintergrund der Band. Selbst die aktuelle Lage in Exjugoslawien streift der Film nur am Rande. Dass No Smoking sich während der Nato-Angriffe an den Protestkonzerten auf den Brücken von Belgrad beteiligten und wie sie heute über die Situation in Serbien denken, das hätte man gerne erfahren.
DANIEL BAX
„Super-8-Stories“. Regie: Emir Kusturica, D/I 2000, 90 Min.
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