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Heal heal heal, boom boom

Der backdoorman, der mit dir fünf Minuten Liebe machst, Baby, und du winselst um mehr: eine Dokumentation ehrt die Blueslegende John Lee Hooker, Sohn eines Predigers (Arte, 0.15 Uhr)

von JENNI ZYLKA

Der walking talking blues. Der Hoochie Coochie man. Der backdoor man. Der Mann, der fünf Minuten mit dir Liebe macht, Baby, und du winselst um mehr.

So sind sie, die Blueslegenden. Irgendwann (im August 1917) irgendwo (im Mississippidelta) geboren, war John Lee Hooker eine der größten. Der Blues, Mutter und Vater und vor allem Uroma jeder modernen Musikform, wurde damals von einer Handvoll genialer, schwarzer Legenden entwickelt, als Gemisch aus Überbleibseln afrikanischer Rhythmen, ihren kreolischen Weiterentwicklungen und Folk- also Country and Western-Einflüssen,und John Lee Hooker war ihr letzte Vertreter. Einer, dessen Musik alle beeinflußt hat: „So the blues got pregnant. And they named the baby Rock‘n‘Roll“, sang er, und so berufen sich auch jede Menge Blues-Rock‘n‘Roller, von den Rolling Stones über Canned Heat und die Animals bis hin zu modernen Hipstern wie der Jon Spencer Blues Explosion auf diese alten Männer.

Jörg Bundschuh hat im vergangenen Herbst einen Dokumentarfilm über den Übervater des Blues gemacht, dessen Klaue vor allem in den letzten Jahren in einer ewigen Bluesgriffschrammel-Haltung erstarrt gewesen zu sein schien: In „John Lee Hooker – That‘s my story“ kommen außer Hooker selber vor allem auch Fans wie Eric Clapton oder Carlos Santana zu Wort. Bundschuh dokumentiert das Leben des „son of a preacherman“, mischt Archivschnipsel mit aktuellen Konzertmitschnitten, zum Beispiel ein Live-Auftritt in Stanford 1998, und kommt dem sonnenbrillenverhängten Gesicht doch nicht richtig nah.

Denn John Lee Hooker selber, nicht seine Musik, gehört in eine andere Zeit: der Boogieman scheint in Gedanken weit weg zu sein, auch, wenn er Sprüche klopft oder sich an früher erinnert. Eine Menge Karrierehüpfer hat er hinter sich: vom Stiefvater die ersten Gitarrenriffs aufgeschnappt, fiel er in den 40ern und 50ern vor allem dadurch aus dem Rahmen, dass er von „women, booze and poverty“ sang: der Hobo als solcher.

Nach seinem Auftritt im Blues Brothers-Film von 1980 verschwand er wieder in der Moderne-Mythen-Halle, bis ein Levi‘s Jeans-Werbespot ihn plötzlich hervorzauberte „I‘m a man!“. 1989 wurde „The healer“ ein Hit, und seitdem erschien Album um Tribut-Album, Hooker spielte mit guten und schlechten MusikerInnen zusammen, „hawl hawl hawl hawlte“ so oft, dass keiner mehr den Blues haben darf, ohne an ihn zu denken. Am 21. Juni starb Hooker in Kalifornien.

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