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Der Neue lernt schnell

Die last-minute-lizensierten Berlin Capitals schaffen zum Saisonauftakt die erste Sensation: Nur 1:2 verloren. Und der neue Geschäftsführer kennt nun die Spielregeln

Andreas Fettchenhauer entdeckte am Freitagabend seine Liebe zum Eishockey. Seine Wangen gewannen von Minute zu Minute an Farbe. Aufgeregt erkündigte sich der Geschäftsführer der Berlin Capitals bei Sportdirektor Olle Öst über Details der Regeln. Lange nach Spielende stand er noch fasziniert in der Deutschlandhalle, sang das Vereinslied mit und wedelte mit den Armen. Zwar unterlagen die Capitals der Düsseldorfer EG mit 1:2. Doch das ist ein Erfolg für den Klub, der nur knapp um den Rausschmiss aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) herumkam.

„Unsere Chance ist, dass uns keiner einschätzen kann“, vermutete Fettchenhauer nach dem ersten Spiel der Saison in der Deutschlandhalle, die für 10 Millionen Mark in eine Eisarena umgebaut wurde. Die Sitze knarzen. Die Farbe blättert in dem Bau an mancher Stelle ab. Den 5.400 Fans aber war dies egal. Sie trugen es den Capitals auch kaum nach, dass sie so lange um den Verbleib ihres Vereins in der DEL bangen mussten. Anfangs drohte ein Transparent: „Letzte Warnung: Nie wieder Chaos. The Fans are watching you!“ Dann aber schien die Finanzkrise vergessen. „Das ist eine Gnade“, freute sich Fettchenhauer über die Vergesslichkeit der Anhänger. Er ist noch neu im Verein und gilt als rechte Hand von Hauptsponsor Egon Banghard, der aus der Ferne die Fäden zieht.

Den Caps kam entgegen, dass Düsseldorf zu den schwächeren Teams der Liga zählt. Überdies stemmten sich Berlins Leistungsträger vehement gegen eine „Klatsche“, die Pressesprecher Hans Peter Harbig noch vor einigen Tagen erwartet hatte. Die erste Reihe spielte oft auf dem Eis. Viel Kraft mussten Yvon Corriveau, Alexander Cherbayev oder Gordon Hynes lassen, damit die Rheinländer nicht zum erwartet leichten Sieg kamen. Das 0:1 von Trond Magnussen (24.) glich Cherbayev in der 43. Minute aus, ehe Torsten Schmitt zum Sieg einschoss. Im gestrigen Spiel gegen die Eisbären Berlin (zum Redaktionsschluss noch nicht beendet), die zum Auftakt mit 4:1 gegen die Frankfurt Lions gewannen, dürfte der Verschleiß zu einer eindeutigen Niederlage führen.

Der Trainer der Düsseldorfer, Gerhard Brunner, war überrascht, wie viel Gegenwehr die Caps leisteten. „Das war ja gar nicht so schlecht“, sagte er. „An denen werden sich noch manche Teams die Zähne ausbeißen. Wir hatten viel Glück, dass wir sie zu Beginn der Saison hatten.“ Caps-Trainer Gunnar Leidborg lobte seine Schützlinge. „Wir haben eine sehr, sehr gute Mannschaft“, sagte er. Leidborg war zufrieden, dass schon „so früh“ in der Saison „spielerische Elemente“ zu sehen waren. „Wenn wir weiter mit Geduld arbeiten, kommt auch der Erfolg.“ Und: „Wir sind ja zum Glück alle lernfähig.“

Andreas Fettchenhauer lernte auch verdammt schnell. Nach dem Spiel wusste er, dass eine Disziplinarstrafe nicht unbedingt vom Übeltäter verbüßt werden muss. Und er wusste auch um die Chancen der Eisläufer. „Die sagen alle, das ist eine zusammengewürfelte Truppe, aber das ist nicht so. Wir haben Chancen.“ Derzeit gilt freilich: Eine knappe Niederlage ist ein Sieg. Die Punkte kommen später. Wann, weiß auch Fettchenhauer nicht so genau. MARKUS VÖLKER

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