Der Tower für die Züge

Die moderne Betriebsleitzentrale für Hamburgs S-Bahn hat ihren Betrieb aufgenommen  ■ Von Kai von Appen

Sie ist der Stolz der Hamburger S-Bahn GmbH und wird analog zum Airport „Tower“ genannt: Die neue Betriebszentrale (BZ) für die S-Bahn in Hamburg und Umgebung im Bahnhof Altona, die ges-tern nach einem einmonatigen Probelauf von Bausenator Eugen Wagner offiziell eingeweiht wurde. 80 Millionen Mark hat das neue Herzstück gekostet. Die Stadt Hamburg ist daran mit 21 Millionen Mark beteiligt. „Es ist die größte vernetzte Zentrale und eine der modernsten Europas“, schwärmte S-Bahn-Chef Werner Wojtaschek. Und vergleicht Äpfel mit Birnen: „Während auf dem Hamburger Flughafen täglich 400 Flugzeuge starten und landen, verzeichnet die Leitstelle der S-Bahn am Tag 20.000 Starts und Stopps.“

50 MitarbeiterInnen arbeiten rund um die Uhr in der neuen High-Tech-Anlage. Auf großen Leittafeln kann das gesamte S-Bahn-Netz mit rund 1000 Zugbewegungen pro Tag überblickt werden. Über Funksignale geben die Züge ihre jeweilige Position durch und werden – auch mit ihren etwaigen Verspätungen – permanent re-gistriert.

Notrufe, Unfallmeldungen oder Betriebsstörungen gehen zentral in Altona ein, damit wiederum zentral Maßnahmen eingeleitet werden können: Die Leitstelle informiert Polizei, Bundesgrenzschutz oder Rettungsdienste, stellt notfalls Sig-nale auf rot oder die Stromversorgung auf bestimmten Streckenabschnitten ab. Über Funk kann die BZ den Zugführern Anweisungen erteilen und über die Art der Störungen informieren.

Bei plötzlichen Betriebstörungen können verschiedene Varianten an den Computern simuliert werden, um die optimale Umleitung auszuloten oder den Schienenersatzverkehr einzuleiten. Die neue BZ überwacht zudem alle 59 S-Bahnhöfe mit Kameras und kann über die 130 Notruf- und Infosäulen sowie 300 Fahrkartenautomaten Kontakt zu ihren Fahrgästen aufnehmen.

Bislang werden noch viele Züge per Bildschirm über Video in Altona durch die Zentrale Zugaufsicht (ZZA) abgefertigt. Der Trend geht jedoch zu weiteren Automatisierungen. Bis zum Jahr 2004 sollen alle Triebwagenführer durch den Einsatz von Video- und Infrarot-Übertragungstechnik die Abfertigung selbst durchführen. Die ZZA-Mitarbeiterinnen sollen dann verstärkt in Big Brother-Manier Serviceaufgaben wahrnehmen.

Die Inbetriebnahme der BZ ist Bestandteil des Modernisierungsprogamms der S-Bahn. In vier Jahren sind für 800 Millionen Mark 103 neue Züge angeschafft worden, 62 ältere Züge werden komplett modernisiert.