: Wagen bleiben in Bewegung
Nach der Besetzung eines Platzes in der Revaler Straße räumen die Bewohner der Wagenburg „Laster und Hänger“ besetztes Gelände freiwillig. Das Bezirksamt verhandelt jetzt über festes Winterquartier
von ARMIN BEBER
Nach einem Gespräch mit Bezirksbürgermeisterin Bärbel Grygier (PDS) haben die Bewohner der Wagenburg „Laster und Hänger e.V.“ ihren Abzug von dem besetzten Grundstück in der Revaler Straße angekündigt. Eine Zwangsräumung ziehe man deshalb nicht in Betracht, sagte Grygier. Auf dem an die Modersohnstraße grenzenden Grundstück hatten die Wagenburgbewohner am Wochenende im Rahmen der Wagentage Quartier bezogen. Wie Grygier gestern mitteilte, habe man sich geeinigt, dass die Besetzer mit ihren Fahrzeugen an den Standort am Alfred-Döblin-Platz zurückkehren. Dort werden sie derzeit, obwohl es sich um öffentliches Straßengelände handelt, vom Tiefbauamt geduldet, weil die Wagen regelmäßig in Bewegung seien.
Wo die Wagenburg ihr Winterquartier beziehen kann, ist allerdings weiter unklar. Weil nach Angaben des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters in Friedrichshain-Kreuzberg kein geeignetes Grundstück im kommunalen Besitz existiert, verhandelt das Bezirksamt derzeit über das Bahngelände am Revaler Viereck. Über den Verhandlungsstand mit dem privaten Investor Vivicon, der das Gelände verwaltet, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Während sich Bärbel Grygier optimistisch zeigt, bald zu einem Abschluss zu kommen, bezeichnete Olaf Rose, Direktkandidat der Grünen, die Verhandlungen als gescheitert und forderte das Bezirksamt auf, die Bemühungen zur Standplatzfindung auf bezirkseigene Grundstücke zu konzentrieren. Baustadtrat Franz Schulz, der die Verhandlungen mit Vivicon führt, teilt den Optimismus der Bürgermeisterin ebenfalls nicht. Nachdem er aus der Chefetage des Unternehmens bereits eine mündliche Zusage bekommen habe, sei diese wieder zurückgenommen worden. Begründet worden sei dieser Schritt mit der prekären sanitären Situation und mit möglichen Problemen mit dem dort beheimateten Kulturverein „Tempel e.V.“ Für Schulz sind diese beiden Punkte in Gesprächen längst geklärt worden.
Von der Besetzungsaktion enttäuscht zeigte sich Grygiers Stellvertreter Michael Schäfer. Von Verhandlungspartnern erwarte er, dass bestehende Regeln eingehalten werden und nicht durch Sachschäden unnötige Kosten für den Bezirk verursacht würden. Im Übrigen wüssten auch die Bewohner der Wagenburg, dass eine Duldung auf dem besetzten Gelände unmöglich sei. Gegen entsprechende Bemühungen des Bezirksamtes hätten Anwohner bereits geklagt und vor dem Oberverwaltungsgericht Recht bekommen. Rechtswirksam. Schäfer sieht das Bezirksamt auch nicht in alleiniger Verantwortung für die Beschaffung eines geeigneten Quartiers. Der Verein habe von einem privaten Investor eine Anschubfinanzierung von 100.000 Mark bekommen. Niemand hindere sie nun, mit dem Geld auch etwas anzufangen.
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