Die Stadt geschockt, die Regierung handlungsfähig

Washington DC nach dem Anschlag aufs Pentagon: Suche nach Vermissten und möglicherweise bis zu 800 Toten. Weißes Haus, Capitol, Oberster Gerichtshof und CIA evakuiert

BERLIN taz/ap/afp ■ Erst zehn Stunden nach dem Anschlag auf das Pentagon war der Präsident wieder da: Am Dienstagabend Ortszeit kehrte US-Präsident George W. Bush ins Weiße Haus zurück, nachdem er sich vorher auf Luftwaffenstützpunkten in Louisiana und Nebraska aufgehalten hatte. Washington DC selbst war nach dem Schock und der Panik am Dienstag gelähmt: Nach dem Zusammenbruch des Verkehrs am Vormittag wurden am Nachmittag die Regierungsstellen, Bundesbehörden und viele Geschäfte geschlossen und die 260.000 Bundesangestellten nach Hause geschickt. In den Straßen Washington patrouillierte die Nationalgarde. Das Capitol wurde ebenso evakuiert und geschlossen wie der Oberste Gerichtshof und die Zentrale des Geheimdienstes CIA im benachbarten Virginia.

Die US-Regierung sei immer handlungsfähig gewesen, hieß es: Auch wenn am Boden die Handynetze zusammenbrachen, habe Präsident Bush von seinem Flugzeug ständig Kontakt zu den Regierungsstellen gehalten. Vizepräsident Dick Cheney blieb in einem geschützten Raum des Weißen Hauses, während die Touristen und Angestellten aus dem Gebäude evakuiert wurden. „Die Leute sind einfach rausgerannt“, zitierte die Washington Post einen Angestellten.

Am Pentagon selbst gingen die Bergungsarbeiten weiter, obwohl das Feuer die ganze Nacht zum Mittwoch brannte. US-Medien schätzten, dass zwischen 100 und 800 Menschen durch den Anschlag auf das Verteidigungsministerium gestorben seien, bei dem ein Flugzeug mit 64 Passagieren in die Fassade stürzte und vier Stockwerke des Gebäudes zerstörte. Nach Angaben des zuständigen Feuerwehrchefs Edward Plaugher sind exakte Aussagen über die Zahl der Opfer schwierig, weil der von dem abgestürzten Flugzeug verwüstete Flügel renoviert wurde und nicht klar ist, wie viele Menschen sich dort aufhielten. Insgesamt arbeiten 24.000 Menschen im Pentagon. Auch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war zur Zeit des Anschlags im Gebäude. Er blieb unverletzt und half nach Augenzeugenberichten selbst bei der Bergung der Opfer. Er betonte, das Pentagon „funktioniere“.

Der Absturz des gekaperten Flugzeuges auf das Gebäude, das in einiger Entfernung zur Innenstadt auf der anderen Seite des Flusses Potomac liegt, löste in der Stadt ein Verkehrschaos aus. Behörden, Schulen und Geschäfte wurden geschlossen. Als die Menschen versuchten, nach Hause zu kommen, verstopften ihre Autos die Straßen. Zeitweilig fuhr die U-Bahn nicht. An den geschlossenen Flughäfen heuerten gestrandete Passagiere Taxis, um sich teilweise bis nach Chicago oder Florida fahren zu lassen. Auch die Zuggesellschaft Amtrak stoppte am Dienstag alle Züge, die meisten Greyhound-Busse blieben in den Depots.

Jeffrey E. Tucker allerdings wurde von diesem Schreckenstag vorerst gerettet. Der verurteilte Mörder sollte am Dienstagabend im Gefängnis von Huntsville, Texas, hingerichtet werden. Der Gouverneur verschob die Exekution, weil der Oberste Gerichtshof in Washington, der die Berufung hören sollte, geschlossen war. BPO