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Hinter den Bergen ...

... ist alles anders. Sonne, Wind und Ziegen, die klingeln: Wandern auf Mallorca, ohne Beaches und Ballermänner  ■ Von Sandra Wilsdorf

Man sagt, irgendwo da ganz hinten, hinter den Bergen, da sollen hochhausgroße Hotels stehen und sehr viele Menschen sehr dicht nebeneinander im Sand liegen, sie sollen braun werden wollen von der Sonne, sich mit einem sehr klebrigen Alkoholsaft betrinken und dazu auf Deutsch bestelltes Schnitzel essen. Und hätte man diese Bilder nicht auch im Fernsehen gesehen, man würde glauben, man wäre nicht auf Mallorca.

Denn von hier oben auf dem Puig Tomir, dem zweithöchsten Berg der Balearen-Insel, sieht man das Meer nur in weiter Ferne. Hier dominieren Berge die Landschaft, kahle Felsgipfel ragen aus grünen Wäldern, und der Blick über das Massanella Massiv im Nordwesten der Insel belohnt für einen stundenlangen Aufstieg über Waldwege, aus denen Felsen wurden, durch die man sich mit Hilfe roter Pfeile die Richtung bahnte. Der Wind pfeift, und auch hier klingeln wieder die Glocken der Ziegen, die sich scheinbar ganz beiläufig den Weg bis nach hier oben gefressen haben.

Dieses Klingeln ist Begleitmusik beim Wandern und läutet die Tage im Kloster Lluc ein. In der Wallfahrtsstätte in Mallorcas Bergen können seit einigen Jahren neben den Pilgern auch Touristen übernachten. Für etwa 50 Mark gibt es schlichte und saubere Doppelzimmer, deren Sensation die Aussicht ist: Jenseits der großen Fenster türmen sich die zu besteigenden Gipfel, unter dem Fenster streckt sich der Klosterhof, und dahinter gibt es Grün in allen Nuancen. Eine besondere Offenbarung für das von Grau in Grau gequälte Auge nach einem langen Winter. Und auch jetzt, wo die Temperaturen wieder wanderbar werden, ist der Ausblick lick wie ein Gemälde.

Mallorca: Keine Ahnung, wie es hier im Sommer ist. Aber in Frühjahr oder Herbst sind die Ballermänner ganz leicht zu umgehen: Auch in der wunderschönen Altstadt von Palma, in der es sich von einem Café zum nächsten, von einem Platz zum anderen schlendern lässt. Wo sich Angestellte nach dem Arbeitstag, Frauen mit Kindern und Freundinnen und Touris-ten um die Stühle in der Nachmittagssonne bemühen, wo die Nächte in den Tapas-Bars bis zum Morgen dauern, und wo ein Blick hinter die schweren Türen der Palazzos erahnen lässt, dass sich hier noch eine ganz eigene Welt verbirgt.

Und wenn nach Tagen in den Bergen Mallorca auch noch als Insel vorkommen soll, gibt es in Küs-tennähe Touren, die zwar schon ein paar mehr Wanderer anlocken, was aber Pinienduft und Schönheit keinen Abbruch tut. Da geht es an der Steilküste immer 30 Meter über dem Meer von Deià, das fast schon etwas zu hübsch ist, nach Puerto de Soller. Oder durch die Berge rund um Soller, immer mal wieder mit Blick aufs Meer.

In zweieinhalb Stunden zu erreichen ist dieses Mallorca eine Offenbarung. Eine Insel für kleine Fluchten und ganz ohne Ballermänner.

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