: Impertinente Dame
Beim 2:0 in Nürnberg wird Tabellenführer Kaiserslautern wieder äußerst hart von Fortuna bedrängt
NÜRNBERG taz ■ Treffen sich zwei Kumpel aus alten Tagen nach der Begegnung ihrer beiden Fußballmannschaften. Sagt der eine: „Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, warum wir nach sechs Spielen 18 Punkte haben.“ Sagt der andere: „Du hast leicht reden, wir haben nur drei.“ Entgegnet der Erste: „Du, wenn es dir am Ende nicht reicht, schicke ich dir ein paar Punkte runter.“
So oder ähnlich lautete der kurze Dialog zwischen Andreas Brehme, Trainer des 1. FC Kaiserslautern, und Klaus Augenthaler, Nürnbergs Trainer, nach dem 2:0-Erfolg im Frankenstadion, wenn man Klaus Augenthaler Glauben schenkt. Denn Andy Brehme verabschiedete sich angesichts der Terroranschläge in den USA mit einem „Ich habe keine Lust über das Spiel zu sprechen“ aus der anschließenden Pressekonferenz.
Viel zu reden hätte es eigentlich schon gegeben, zwischen Auge und Andy, die zusammen nicht nur drei Jahre beim FC Bayern gekickt haben, sondern 1990 auch Weltmeister geworden sind. Die Ausgangslage vor dem Spiel war klar: Der Club stand im Keller und war nach der Niederlage gegen den fünftklassigen SSV Ulm im DFB-Pokal sowie dem 0:1 bei 1860 München unter Zugzwang. Der 1. FCK kam als Spitzenreiter nach Nürnberg. Fünfmal hatten die Pfälzer in Folge gewonnen. Viermal davon hatte man mit dem Glück im Bunde und mit hoher Effizienz gespielt. Augenthaler hatte „die ersten Flecken auf Lauterns weiße Weste machen“ wollen. Die Hoffnungen ruhten dabei auf Kapitän Martin Driller, der nach mehreren Operationen wieder in der Anfangsformation spielte. Hinten sollte die in der 2. Liga bewährte Viererkette dicht halten, im Mittelfeld der Tscheche David Jarolim die Fäden ziehen. Und vorne? Nun ja.
Vom Anpfiff weg ließ sich alles gut an. „Ganze Kerle“ hatte Augenthaler angekündigt, und ungläubig rieben sich die Zuschauer die Augen. Der Club spielte Kurz- und Doppelpass, gewann die Zweikämpfe und schoss auch wieder auf das Tor. Schon in der achten Minute durfte auf Nürnberger Seite gejubelt werden. Vergebens, Abseits. Sieben Minuten später spielte Linienrichter Schößling erneut den Spielverderber. Nach einem Abschlag von Club-Torhüter Kampa verlängerte der Lauterer Ramzy ungewollt auf Driller, der sich allein vor Torhüter Koch wiederfand.
Obwohl der Ball vom Gegner kam, hob Schößling die Fahne, und Schiedsrichter Koop griff zur Pfeife. Ausgerechnet die ließ er in der 32. Minute ruhen, als Jarolim im Strafraum von hinten die Beine weggezogen wurden. Von Kaiserslautern war dagegen nicht viel zu sehen. Lokvenz und Klose sahen schlecht aus, Ratinho und der 7,5 Millionen teure Einkauf Lincoln mühten sich redlich, aber vergebens, nur auf Torhüter Koch war Verlass.
Sieben Minuten in der zweiten Hälfte stellten dann das Spiel auf den Kopf. Mit gestrecktem Bein eroberte sich Lokvenz in der 66. Minute den Ball, die Hereingabe verlängerte Lincoln ins Nürnberger Tor. In der 73. Minute köpfte Klos nach einem Eckball zum 0:2-Endstand.
Klaus Augenthaler blieb wie zuletzt nur der Standardsatz „So ist eben die Bundesliga.“ Eines ließ sich auch sein Kumpel Brehme noch entlocken: „Der Club hat einen sehr, sehr guten Fußball gespielt, wenn sie so weiterspielen und mehr Glück haben, bleiben sie auch in der Liga.“ Vielleicht sollte Brehme anstatt der Punkte einfach ein bisschen Glück nach Nürnberg schicken – und zwar jetzt schon.
BERND SIEGLER
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