: Die Minen liegen noch im Boden
In 73 Ländern der Welt wurden allein in diesem Jahr Menschen durch Minen verstümmelt oder getötet. Doch die dritte Folgekonferenz der Antipersonenminen-Konvention, die diese Woche in Managua tagt, kann auch Erfolge verbuchen
von TONI KEPPELER
Es gibt durchaus Erfolge bei der Beseitigung von Antipersonenminen: Seit 1997 im kanadischen Ottawa die internationale Konvention gegen die Herstellung, Verwendung und Verbreitung von Landminen verabschiedet wurde, haben 50 Länder insgesamt 27 Millionen dieser Sprengkörper vernichtet. Trotzdem: Antipersonenminen sind noch immer „ein ständiger Herd des Terrorismus“, sagte Judy Williams, die 1997 wegen ihres Engagements gegen diese Waffen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war. Sie eröffnete am Dienstag in Nicaraguas Hauptstadt Managua die dritte Folgekonferenz der Vertragsstaaten von Ottawa. Vertreter von 90 Ländern wollen bis zum Samstag eine Zwischenbilanz ziehen.
Die von Williams gegründete „Internationale Kampagne gegen Landminen“ legte dazu umfangreiches Zahlenmaterial vor. Danach liegen noch immer 245 Millionen dieser Sprengkörper in staatlichen Waffenlagern. Vor allem in China, Russland und den USA, die genauso wie Israel oder Kuba der Konvention nicht beigetreten sind. Aber auch in den Unterzeichnerstaaten Uganda, Äthiopien und Sudan werden diese Waffen weiterhin eingesetzt, wahrscheinlich auch in Ruanda und Burundi. In 24 bewaffneten Konflikten werden derzeit Antipersonenminen verwendet. In 73 Ländern kam es in diesem Jahr zu Unfällen mit Zivilisten. Die meisten Opfer gab es in Afghanistan, Indien, Angola und Kambodscha.
Die lateinamerikanischen Teilnehmer wollten im Vorfeld der Tagung ein gutes Beispiel geben. Die kolumbianische Armee sprengte 20.000, die chilenische 14.000 ihrer Landminen. Chile ratifizierte in der vergangenen Woche als 119. Land von 141 Unterzeichnerstaaten den Ottawa-Vertrag. Die nicaraguanische Vertreterin Cecilia Sánchez kündigte an, Zentralamerika werde bis 2004 minenfrei sein.
Doch allein in Kolumbien werden noch mindestens 100.000 Antipersonenminen vermutet. In diesem Jahr wurden mehr als 200 Zivilisten verstümmelt oder getötet. Die chilenische Armee hat entlang der Grenze zu Peru, Bolivien und Argentinien rund 250.000 Minen vergraben. Die Räumung würde mindestens 600 Millionen Mark kosten, sagte Heereschef Ricardo Izurieta vor kurzem. Zu teuer.
Die meisten der rund 200.000 Minen in Zentralamerika waren in den 80er-Jahren von den antisandinistischen Contras gelegt worden, die damit ihre Rückzugsrouten aus Nicaragua nach Honduras absicherten. Aber auch die sandinistische Armee verminte in der gleichen Region. Beide führten gar keine oder nur sehr unzureichende Minenpläne. Selbst die sind inzwischen unnütz. Das Grenzgebiet wurde beim Wirbelsturm „Mitch“ Ende 1998 von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Die nur oberflächlich vergrabenen Sprengkörper wurden kilometerweit weggeschwemmt. In Zentralamerika ist nur El Salvador minenfrei. Guerilla und Armee hatten die Minenfelder dokumentiert. Zwei Jahre nach dem Friedensschluss 1992 waren die Minen geräumt.
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