Polizei füllt das Boot

Flüchtlinge protestieren auf Ausflugsdampfer gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung. Polizei lässt Transparente abhängen. Erneute Demo am Samstag

Mit einer abrupten Unterbrechung durch die Polizei endete eine Spreerundfahrt des Berliner Flüchtlingsrats. Mitglieder von Flüchtlingsgruppen hatten am Dienstagabend den Ausflugsdampfer mit mehreren Transparanten geschmückt. So hing auch vom Ufer gut lesbar unter der Steuerkajüte die Feststellung „Das Boot ist nicht voll“. Doch kaum schipperte das Schiffchen in die Nähe des Regierungsviertels, wurde es von der Wasserschutzpolizei aufgefüllt. Die Stofftücher mit antirassistischen Parolen mussten abgehängt und die Megafone eingepackt werden. Und auch die Passagiere wurden von der Polizei kurzerhand vom Sonnendeck verwiesen. Sie mussten die Fahrt im nun richtig vollen Schiffsinneren fortsetzen.

Die Dampferfahrt war Teil der Flüchtlingswoche 2001. Mit Aktionen, Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen will ein Bündnis von Flüchtlings- und MigrantInneninitiativen noch bis Samstag gegen „Ausgrenzung, Kriminalisierung, das Sündenbock-Machen und die Abschiebung von Flüchtlingen“ mobilisieren. Vorläufiger Abschluss der Aktionswoche wird eine Demonstration am Samstag um 12 Uhr ab Alexanderplatz.

Zu diesem Protestzug werden Asylbewerber aus ganz Deutschland erwartet, die damit bewusst gegen die so genannte „Residenzpflicht“ verstoßen. Nach dem Asylverfahrensgesetz dürfen Flüchtlinge den ihnen zugewiesenen Wohnort ohne behördliche Erlaubnis nicht verlassen.

Anlass für die Proteste ist vor allem der von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) vorgestellte Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes. Dessen Umsetzung würde nach Ansicht vieler Betroffener vor allem für Asylsuchende und in Deutschland nur „geduldete“ Flüchtlinge gravierende Nachteile mit sich bringen.

Auch der Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission zur Einwanderungspolitik stößt bei den Initiativen auf Kritik. Sie befürchten eine weitere Aushöhlung von Flüchtlingsrechten.

Für Christopher Nsoh von der Flüchtlingsinitiative Brandenburg verstößt der Entwurf zum Zuwanderungsgesetz in mehreren Punkten gegen internationale Menschenrechtskonventionen, die auch von Deutschland unterschrieben worden sind. „Hier werden die Mindestanforderungen an humanitäre Regelungen nicht beachtet“, lautet gestern sein knappes Resümee.

Zwar wurde der Entwurf des Bundesinnenministers nach den Terroranschlägen in den USA zunächst auf Eis gelegt. Für die Flüchtlinge ist das aber kein Grund, ihren Protest ebenfalls zu vertagen: „Nach dem 11. September haben die Angriffe gegen Flüchtlinge auf allen Ebenen zugenommen. Zum Rassismus kommt jetzt noch der Terrorismusverdacht“, klagen die Flüchtlingsaktivisten. PETER NOWAK