piwik no script img

us-kriegspläneOperation „Enduring War“

Sanfte Töne aus den USA. Das Pentagon plant keinen „D-Day“ ähnlich der Invasion in der Normandie 1944. Keine Entscheidungsschlacht steht bevor. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nahm den Fernsehsendern die Hoffnung auf spannende Bilder: Dieser Krieg werde nicht mit einem bedeutenden Ereignis beginnen, und er werde nicht mit einem bedeutenden Ereignis enden.

Kommentarvon ERIC CHAUVISTRÉ

Doch auch wenn es scheinbar so wenig dramatisch klingt: Die Worte Rumsfelds sind alles andere als beruhigend. Die Entscheidungen von Nato und Bundestag verlieren nichts von ihrer Brisanz. Denn der Pentagon-Chef hat so deutlich wie bislang noch kein Mitglied der US-Regierung gesagt, dass dieser Krieg sehr lange dauern und sehr viele Tote fordern wird – auch unter US-Truppen.

Bei den von den USA in den vergangenen zehn Jahren geführten Kriegen ging es zwar fast immer um vermeintlich wichtige militärische und ökonomische Interessen. Den breiten Rückhalt in der Bevölkerung bekam die Regierung für diese Einsätze aber nur dann, wenn die Öffentlichkeit keine Toten unter den eigenen Soldaten zu sehen bekam. Unbemannte Marschflugkörper waren deshalb meist die Waffen der Wahl. Wer deshalb auch jetzt wieder einen spontanen und politisch undurchdachten Angriff mit Cruise Missiles oder ein paar Kampfflugzeugen erwartet, hat die Wirkung der Anschläge auf die innenpolitische Stimmung in den USA nicht verstanden.

Die Kalkulation hinter Rumsfelds Ankündigung ist simpel: Da schon tausende US-Bürger unter den Trümmern des World Trade Centers begraben sind, wird die Öffentlichkeit auch noch ein paar tausend Tote akzeptieren. Die USA bereiten sich auf nichts anderes vor als auf eine Hightech-Version des Guerillakrieges, geführt mit den Mitteln der größten Militärmacht aller Zeiten. Doch wie ein US-Guerillakrieg aussehen könnte, ist den Planern im Pentagon offenbar selbst nicht klar. Noch scheinen sie an einer Mixtur zu tüfteln, die sowohl klassische Bombardements wie auch streng geheime Einsätze mit kleinen Spezialeinheiten umfasst.

Was jedoch in jedem Fall zu erwarten ist: Der Krieg wird lang. Ohne deutlich erkennbaren Gegner, ohne definiertes Ziel und ohne klares Einsatzgebiet. Die Operation „Enduring Freedom“ könnte schon bald zur Operation „Enduring War“ werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen