spittelmarkt: Akt der Aggression
Es gibt genügend Gründe, die gegen den nun vorliegenden Plan zum Stadtumbau am Spittelmarkt und an der Gertraudenstraße sprechen. Das ist der unkritische Rückgriff auf die Geschichte des Ortes, die Negierung einer der zentralen Achsen des DDR-Städtebaus und nicht zuletzt die einfallslose Architektur, die einen weiteren Stadtraum mit Lochfassaden und preußischer Strenge beglückt.
Kommentar von UWE RADA
Dem eigentlichen Anliegen der Planung kommt man aber näher, wenn man um das Wort von Dieter Hoffmann-Axthelm von der „Kampfansage“ weiß. Der städtebauliche Entwurf der Architekten Graetz, Jordi und Nöfer ist allerdings nicht nur eine „Kampfansage an die bisherigen Vorstellungen von Stadt“, die Hoffmann-Axthelm im Planwerk Innenstadt einst forderte. Er ist auch eine Kampfsansage an die Bewohner.
Nicht nur ein ganzer Riegel von Geschäfts- und Bürohäusern wird den Bewohnern der Fischerinsel vor die Nase gesetzt, sondern auch ein neues Milieu – das der so genannten Urbaniten. Deutlicher kann man nicht zeigen, wer erwünscht ist und wer nicht: Rechtsanwälte, Medienleute und Startuper sitzen künftig in der ersten Reihe, die bisherigen Bewohner sind im Hinterhof. So schafft man Bürger erster und zweiter Klasse.
Und zu allem Überfluss wird den Bewohnern noch ihre eigene Überflüssigkeit in Form von netten Computeranimationen in der „Spittelbox“ vor Augen geführt. Das ist, stadtpsychologisch gesprochen, ein Akt der Aggression. Aber was sollte man von einer „Kampfansage“ auch anderes erwarten.
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