Aufruf zum Dschihad aus Deutschland

Kölner Islamisten um „Kalifen von Köln“ unterhielten laut Verfassungsschutz schon 1997 Kontakt zu Ussama Bin Laden

BERLIN taz ■ Anhänger der Kölner Islamistenorganisation „Kalifatsstaat“ haben bereits vor Jahren Kontakte zu Ussama Bin Laden unterhalten. Das berichtete das Bundesamt für Verfassungsschutz am Dienstag in Köln. Eine Delegation des selbst ernannten „Kalifen von Köln“, Metin Kaplan, habe Bin Laden Anfang 1997 in einem afghanischen Camp besucht. 1998 traf der Europavertreter der Taliban laut Verfassungsschutz Metin Kaplan in Köln. Es gebe aber keinen Hinweis darauf, dass Kaplan-Anhänger zur militärischen Ausbildung in Bin Ladens Lager geschickt worden seien.

Die Informationen des Verfassungsschutzes sind nicht neu. Bereits 1997 berichtete die Zeitung der Kaplan-Gruppe, Ümmet-i Muhammed, über den Besuch in Afghanistan. Nach den Treffen kündigte Kaplan am 14. Mai 1998 in Ümmit-i Mohammed die Mobilisierung zum Dschihad an. In einer als Fatwa bezeichneten Erklärung heißt es: „Jeder Muslim sollte in seinem Land die schlechten/bösen Regime stürzen und einen islamischen Staat aufbauen. Hierfür einen Dschihad zu führen, ist eine kanonische Vorschrift im Islam.“

Ende Oktober 1998 vereitelten türkische Sicherheitskräfte angeblich geplante Sprengstoffanschläge auf eine Moschee in Istanbul und auf das Atatürk-Mausoleum in Ankara. 25 Personen wurden festgenommen, unter ihnen auch aus Deutschland angereiste Anhänger des „Kalifatsstaats“. Sie sollen ein Privatflugzeug gechartert haben, um es mit Sprengstoff beladen in einer Selbstmordaktion auf das Mausoleum zu stürzen. Zum geplanten Zeitpunkt des Attentats wäre die gesamte türkische Staatsführung anlässlich der 75-Jahr-Feier der Republikgründung im Mausoleum versammelt gewesen.

Das Zentrum für Türkeistudien verweist darauf, dass der Kaplan-Verband seit Jahren in seiner eigenen Fernsehsendung „Hakk-TV“ die Taliban und Bin Laden verherrliche. „Hakk-TV“ („die absolute, die göttliche Wahrheit“) wird in Köln produziert und per Satellit ausgestrahlt. Über www.seriat.de verbreitet die Kaplan-Gruppe ihr antisemitisches und antizionistisches Weltbild in deutscher Sprache, das sich wie ein roter Faden durch ihre Aktivitäten zieht.

Der Kaplan-Verband wurde 1983 von Cemaleddin Kaplan, dem 1995 verstorbenen Vater des derzeitigen Führers Metin Kaplan, gegründet. Cemaleddin Kaplan kam 1981 nach Deutschland und erhielt mit seiner Familie politisches Asyl. Er musste die Türkei verlassen, weil er dort die strikte Trennung von Staat und Religion bekämpft hatte.

Metin Kaplan wurde im vergangenen November vom Oberlandgericht Düsseldorf wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Im Streit um die Nachfolge seines Vaters hatte Kaplan in drei Ausgaben der Ümmet-i Muhammed eine Todesfatwa gegen seinen Konkurrenten, den Berliner Arzt Halil Ibrahim Sofu, ausgesprochen. Am 8. Mai stürmte ein Killerkommando Sofus Wohnung und tötetet den 29-Jährigen vor den Augen seiner Familie.

Nach Angaben des Verfassungschutzes hat der „Kalifatsstaat“ derzeit 1.100 Mitglieder. Während des Düsseldorfer Verfahrens gegen Metin Kaplan konnte der Verband bis zu 4.000 Personen mobilisieren, die die Freiheit ihres Führers forderten.

EBERHARD SEIDEL