: Fachwirt im Praktikum
■ St.Paulis Torwartlegende Klaus Thomforde managt seinen Abtritt von der sportlichen Bühne
Mit der Brille und seinem grau melierten Pulli sieht er viel zu lieb aus. Kein Matsch klebt auf den Wollfasern. Und ein schmerzverzerrtes Gesicht hat er schon gar nicht. Klaus Thomforde schreit nicht einmal. Vor zwei Jahren endete seine Profikarriere zwangsweise durch eine Knieverletzung. Der inzwischen 38 Jahre alte Ex-Torwart des FC St. Pauli nimmt Abschied. Von den Fans, vom Millerntor, vom FC St. Pauli.
Aber nein. Irgendwie bleibt der gelernte Finanzbeamte seinem Club treu. Per Fernstudium macht er eine Umschulung zum Sport-Fachwirt. Das erforderliche Praktikum bestreitet er natürlich bei seinem Verein in der FC St. Pauli-Marketing. Die erste Aufgabe: Seinen letzten Vorhang organisieren. Morgen abend (19 Uhr, fünf Mark Steh-, zehn Mark Sitzplatz) spielt zuerst „seine“ Aufstiegself von 1995 gegen das aktuelle Profiteam, danach versucht sich ein Prominenten-Team gegen Baris, Meggle und Co.
taz hamburg: Herr Thomforde, geht ihnen der Fußball nicht irgendwann mal auf die Nerven?
Klaus Thomforde: Nein, überhaupt nicht.
Keine Ermüdungserscheinungen?
Wenn es nach mir ginge, könnte es sogar noch ein bißsshen mehr Fußball sein.
Warum sind sie dann nicht Torwarttrainer geworden?
Eine solche Ausbildung wäre von der Berufsgenossenschaft nicht gefördert worden. Um mit dem Sport zumindest grob in Verbindung zu bleiben, habe ich diese Lösung gewählt. Außerdem trainiere ich die B-Jugend des TSV Niendorf, die A-Lizenz besitze ich seit 1991. Das kann ich vielleicht auch später einmal in die Waagschale werfen.
Jetzt planen sie ihr eigenes Abschiedsspiel, kommt da nicht ein wenig Wehmut auf?
Ich habe gar keine Zeit, darüber nachzudenken. Trotzdem werde ich mit jeder Minute nervöser, die der Anpfiff näher rückt. Außerdem bin ich überhaupt nicht im Training, eine überragende Leistung wird es also nicht geben.
Und wie wird es nach dem Spiel weitergehen?
Ich hoffe, dass die Fußball-WM 2006 in Deutschland eine Chance für mich ist, mein erlerntes Kaufmanns-Know-How umzusetzen.
Wollen Sie etwa die WM ans Millerntor holen?
Wenn wir bis dahin das Stadion mal fertig haben.
Aber es soll da ja noch ein anderes Stadion in Hamburg geben, das sich um die Austragung der WM bewirbt...
Habe ich auch gehört.
Können sie überhaupt ohne Fußball, ohne den FC?
Ich bin seit 1983 mit diesem Verein verbunden. Erst hatte ich als Spieler einen Vertrag über ein bis zwei Jahre. Jetzt ist das auch nicht anders, ich muß rechtzeitig die Weichen für meine Zukunft stellen.
Und die liegt für einen Profisportler zwangsläufig im gleichen Metier?
Das ist individuell verschieden, ich möchte beim Fußball bleiben..
...und irgendwann, wie wahrscheinlich Oliver Kahn, den Manager beerben? Oder den Trainer?
Nein, diese Positionen sind beim FC St. Pauli hervorragend besetzt. Ich möchte meinen Werdegang auch nicht an irgendeiner Position festmachen. Ich denke daran heute noch nicht, 1983 dachte ich auch nicht, daß ich mal 100 Bundesliga-Spiele mache.
Interview: Markus Flohr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen