: Noch einige offene Fragen
betr.: „Viel Herz und wenig Verstand“ (Naive Friedensbewegung), taz vom 26. 9. 01
Militärschläge, die zivile und unbeteiligte Opfer mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit riskieren, scheinen mir nicht mit der innerstaatlichen Logik der Verbrechensbekämpfung legitimierbar zu sein. Und wenn, wie jetzt, die Worte und auch das massive Militäraufgebot der USA deutlich darauf hinweisen, dass es wohl nicht um einen polizeiähnlichen Einsatz geht, dann hat die Friedensbewegung jedes Recht und auch die Pflicht, auf die damit drohende Eskalationsgefahr hinzuweisen – ohne damit Terror in irgendeiner Form zu rechtfertigen.
TILL WESTERMAYER, Freiburg
Auch die Befürworter einer großangelegten Militäraktion haben noch einige offene Fragen zu beantworten. Soll nur Afghanistan angegriffen werden oder auch andere Länder? Welche sollen das sein? Vor allem: Welches Ziel soll der geplante „Krieg gegen den Terrorismus“ haben? Die Ergreifung Bin Ladens? Die Zerschlagung seiner Organisation? Den Sturz des Taliban-Regimes? Alles zusammen? Wer entscheidet, wann diese Ziele erreicht sind? All das ist unklar und zum Teil selbst in der amerikanischen Regierung noch umstritten. Aber solange man diejenigen, die derartige Fragen stellen, als naive Wirrköpfe abkanzeln kann, braucht man sich um Antworten keine Gedanken zu machen und kann (als Bundesregierung) Blankoschecks für bedingungslose Gefolgschaft ausstellen.
In einem hat Seidel aber dennoch Recht: George Bush hat tatsächlich bislang rational reagiert, und man darf hoffen, dass das auch so bleibt. Der journalistische und intellektuelle Super-GAU von Seidels Kommentar zeigt, was passieren kann, wenn man die Kontrolle über sich verliert. JÜRGEN RAITHEL, Bayreuth
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen