: Bremens Katastrophenschutz eine Katastrophe?
■ Freiwillige Feuerwehren mit 20 Jahre alten Leiterwagen im Einsatz / Bald Gespräche mit dem Innenressort
Auf der Autobahn 1 Höhe Bremer Kreuz verunglückt ein Tanklastzug, gleichzeitig brennt eine große Halle im Hafen. Wenn so ein Szenario Wirklichkeit würde, wären die 1.100 Bremer Feuerwehrleute – 500 bei der Berufs- und 600 bei der freiwilligen Wehr – überfordert – zu wenig Personal, zu wenig und zu altes Material.
Das wissen die beiden Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbandes Bremen, Detlef Scharf und Marcus Schleef schon seit Jahren. Nach den Anschläge vom 11. September haben die freiwilligen Feuerwehren diese Frage gestern erneut öffentlich thematisiert. Für derartige Ereignisse seien die Bremer Wehren nicht ausgestattet, so Detlef Scharf. Er nannte es „einen Skandal“, dass Polizei und Verfassungsschutz sofort fünf Millionen Mark bekommen hätten und über die Feuerwehren nicht einmal geredet worden sei.
Karl-Heinz Knorr, als Amtsleiter zuständig für die Berufsfeuerwehr Bremen, sieht diese Frage gelassener. Man könne für einen derartigen Anschlag nie angemessen ausgestattet sein. Außerdem sei mit den fünf Extra-Millionen auch ein Prüfauftrag für den Bedarf der professionellen Brandbekämpfer beschlossen worden. Auch die „Zielzahl“ von 499 Neueinstellungen ist beschlossene Sache, reicht Knorr aber noch nicht.
Mitte der kommenden Woche trifft sich Innensenator Kuno Böse (CDU) mit Vertretern der Feuerwehr zu Gesprächen über deren konkreten Bedarf. Karl-Heinz Knorr strebt vorrangig eine personelle Entspannung und die zügige Verabschiedung eines Hilfeleistungsgesetzes, in dem die „nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr“ zusammengefasst werden soll. Das meint Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Von dieser Bündelung verspricht Knorr sich Synergieeffekte.
Bis zu den Gesprächen müssen die freiwilligen Feuerwehren erarbeitet haben, wie viele Drehleitern, Löschfahrzeuge, Kettensägen, Hebekissen, Schutzanzüge und Leute sie brauchen. Denn eine Summe konnte beim Pressetermin noch niemand nennen. Amtsleiter Knorr, der auch für die freiwilligen Brandbekämpfer sprechen wird, geht aber in jedem Fall davon aus, bei Böse auf offenen Ohren zu stoßen. Davon geht auch dessen Pressesprecher, Markus Beyer, aus. Über die Höhe der Summe, mit der die Wehren modernisiert werden sollen, wollten sich gestern weder Knorr, noch Böse äußern. Man müsse erst den Bedarf kennen, bevor man Zahlen nenne, so Beyer. In welchem Umfang die angemeldeten Wünsche realisiert werden könnten, müsse sowieso die bremische Bürgerschaft beschließen. Schließlich habe das Land auch nach den Terroranschlägen nicht mehr Geld zur Verfügung, erinnerte Beyer.
Vielleicht ist die freiwillige Feuerwehr in der Neustadt die erste, die mit einem Oldtimer zum Löschen ausrückt. aro
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