Eiserner Wille bis ins Ziel

Der Amerikaner Tim DeBoom schenkt seinen Landsleuten den ersten Sieg nach vier Jahren beim Ironman Hawaii. Thomas Hellriegel und Nina Kraft stehen ebenfalls auf dem Treppchen

von FRANK KETTERER

Draußen auf dem heißen Highway, noch vor der Abzweigung zum Energy Lab, jener kleinen Straße hinunter zum Meer, sollte sich das Big Race entscheiden. Tim DeBoom, der schnelle Amerikaner, hatte sich ganz allmählich herangepirscht an seinen so lange Zeit in Führung liegenden Landsmann Steve Larsen, nun zog er an dem ehemaligen Radprofi vorbei. Es war eine Demonstration der Stärke, wie DeBoom das tat: Mit flottem Schritt und ohne Larsen eines Blickes zu würdigen. Und es war ein Zeichen des Willens: Dieser Mann hatte sich fest vorgenommen diese verdammte Tortur als Bester zu überstehen, dieser wilde Kerl aus Boulder, Colorado, war fest entschlossen, seinen Landsleuten endlich wieder einen Sieg zu schenken, den ersten nach vier Jahren. 15 Kilometer später war Tim DeBoom endlich angekommen am Ziel seiner Träume: Als Erster bog er ein auf den pechschwarzen Alii Drive, als Erster stürmte er die Zielgerade am Pier von Kona entlang. Dann gewann Tim DeBoom, eine große Fahne seines Landes in der Hand, den Ironman Hawaii, den härtesten und wichtigsten Triathlon der Welt.

8 Stunden, 31 Minuten und 18 Sekunden zeigte die Uhr über ihm an nach 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und einem Marathon, und somit fast eine Viertelstunde weniger als beim Zweitplatzierten, dem Neuseeländer Cameron Brown (8:46:10), und Thomas Hellriegel aus Büchenau bei Bruchsal (8:47:40), dem Dritten. Aber selbst das gibt nur eine Ahnung von der Größe dessen, was DeBoom wirklich geleistet hat, und das nicht nur, weil er der erste einheimische Hawaii-Sieger nach Triathlon-Legende Marc Allen wurde. Denn extremst waren die Bedingungen am Samstag auf Big Island: Noch heißer als gewöhnlich war es da draußen in den Lavafeldern des Highways; noch mehr allerdings hatten die 1.500 Athleten aus aller Welt mit dem Wind zu kämpfen, der sie den ganzen Tag über begleitete und meist in Orkanstärke blies. Und denen selbst einige der hartgesottenen Ironman-Profis nicht gewachsen waren: Selten zuvor bei der dreigeteilten Schinderei blieben so viele Top-Athleten und Mitfavoriten auf der Strecke: Weder der Belgier Luc van Lierde, Sieger 1996 und 99, noch Peter Reid aus Kanada, Champion von 98 und Titelverteidiger, schafften es ins Ziel. DNF stand am Ende hinter ihren Namen in der Ergebnisliste vermerkt: Did Not Finish. Drei Buchstaben, die auch Jürgen Zäck aus Vallendar bei Koblenz trafen.

„Es war das Härteste, was ich je erlebt habe“, bemerkte später die Schweizerin Natascha Badmann, die es wissen muss: Zwei Mal schon hatte sie dieses verrückte Rennen (1998 und 2000) gewonnen, am Samstag fügte sie ihrer Sammlung Titel Nummer drei an. 9:28:38 Stunden benötigte die Eidgenossin dafür und lag damit deutlich vor der Kanadierin Lori Bowden (9:32:59) und Nina Kraft (9:41:00), der Überraschungs-Dritten aus Braunschweig.

Noch mehr als Badmann aber hatte Tim DeBoom das Rennen bei den Männern dominiert, zumal wenn man bedenkt, dass der Zweitplatzierte des Vorjahres beim Wechsel vom Rad- auf die Laufstrecke eine 3-Minuten-Strafe abzusitzen hatte, weil erwischt worden beim Windschattenfahren. „Ich habe versucht, die Nerven zu behalten“, erzählte DeBoom von seinen Gedanken, als er von der Strafbank aus zusehen musste, wie zunächst Peter Reid, dann auch noch Norman Stadler aus Pforzheim, der Vorjahres-Dritte, in den Marathon starteten. DeBoom behielt die Nerven – und wie: Nach drei Meilen hatte er Reid eingesammelt, kurz darauf Stadler, später schließlich auch noch Steve Larsen.

Das war ungefähr der Zeitpunkt, zu dem auch Thomas Hellriegel seine Aufholjagd startete. Als Fünfter hatte er diese nach der Radstrecke aufgenommen, als Dritter und somit bester Deutscher, direkt platziert vor Norman Stadler und dem hochgewetteten Darmstädter Lothar Leder, der sich beim Laufen mehrfach übergeben musste und in 8:49:49 Std. schließlich enttäuschter Fünfter wurde. Für Hellriegel dürfte der dritte Platz fast so viel Wert besitzen wie sein Sieg vor vier Jahren, hatten ihn doch einige in der Szene bereits abgeschrieben; ausgebrannt von der jahrelangen Schinderei sei der 30-Jährige, hieß es. Dass dem nicht so ist, hat Hellriegel am Samstag auf Hawaii bewiesen. Er tat es eindrucksvoll.