: Wirtschaftliche Wünschelrunde
■ Veränderungen, die sich die Wirtschaft vom künftigen Senat erhofft
Die Wirtschaft war zwar im Großen und Ganzen zufrieden mit der Politik des vorläufig letzten sozialdemokratischen Ressortchefs Thomas Mirow. Der künftige Rechts-Senat eröffnet da allerdings ganz andere Möglichkeiten. Das Unabhängige Liberale Wirtschaftsforum versuchte in einer Debatte unter Wirtschaftsvertretern deren Erwartungen an die politische Wende zu eruieren. Handels- und Handwerkskammer setzten dabei unterschiedliche Schwerpunkte.
Während Handelskammer-Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz Mirows Wirtschaftspolitik „sehr postiv beurteilt“, wirft Handwerkskammer-Präsident Jürgen Hogeforster dem rot-grünen Senat vor, nur einen Teil seines wirtschaftspolitischen Programms umgesetzt zu haben, nämlich große Projekte, wie die Erweiterung der Airbus-Fabrik in Finkenwerder. Der zweite Strang, die Entwicklung lokaler Wirtschaftskreisläufe in den Stadtteilen, sei viel zu schwach ausgeprägt gewesen. „Ich war hier sehr enttäuscht von der GAL“, sagt Hogeforster.
Die Technologie-Politik ist das Feld, auf dem Mirows Politik in den Augen von Schmidt-Trenz am ehesten zu kritisieren wäre. Der Mann von der Handelskammer moniert, dass es zwar viele verschiedene Technologie-Transfer-Einrichtungen in Hamburg gebe, jedoch keine zentrale Anlaufstelle.
Während sich Schmidt-Trenz eine solche Stelle als zusätzliche Informationsdrehscheibe wünscht, setzt Hogeforster darauf, die bestehenden Einrichtungen besser mit den Unternehmen zusammenzubringen. Schon heute bezahle die Handwerkskammer Studenten, die technische Lösungen für ihre Mitgliedsbetriebe entwickeln.
Aus Sicht des Liberalen Wirtschaftsforums sollte der neue Senat einige hundert Millionen Mark weniger für Beratungsangebote ausgeben, die nur der Versorgung der damit Betrauten dienten – spontan fiel einigen Wirtschaftsvertretern dazu Lesben- und Feministinnenberatung ein. Mit dem gesparten Geld könnten „neue Ansätze in der Wirtschaftspolitik“ verfolgt werden.
Die Kammern sind sich einig, dass bei der Aus- und Weiterbildung etwas geschehen muss. Hogeforster verweist auf alte Vorschläge, Langzeitarbeitslose bei Exis-tenzgründern zu beschäftigen. Träger, die Langzeitarbeitslose qualifizieren, sollten „strikt nach Erfolg bezahlt werden“.
Schmidt-Trenz gingen die Vorschläge der grünen Wissenschaftssenatorin Krista Sager zur Verselbständigung der Hochschulen nicht weit genug: Sie sollten in Stiftungen umgewandelt werden und sich ihre Studenten aussuchen dürfen. Der Staat müsse sich auf eine Rechtsaufsicht beschränken.
Auch an der Behördenstruktur hat die Kammer etwas auszusetzen und würde am liebsten die Umweltbehörde auflösen. Deren Aufgaben sollten zwischen einer neu zu schaffenden Infrastruktur- und der Wirtschaftsbehörde aufgeteilt werden. Gernot Knödler
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