Grüne loben grüne Senatoren

Zehn Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus stellen sich die drei grünen Regierungsmitglieder selbst ein Zeugnis aus. Das Eigenlob nimmt man allerdings nicht allen ab. Nur Goehler und Wieland wissen, wie man Erfolge präsentieren muss

von ROBIN ALEXANDER

Wahlkampf heißt manchmal, die Differenz zwischen dem eigenen politischen Bewusstsein und den Erwartungen des Publikums aushalten. Wolfgang Wieland weiß nicht nur von Max Weber, sondern vor allem aus erfahrungsreichen Jahren, dass Reformpolitik das Bohren dicker Bretter ist. Der gleiche Wolfgang Wieland weiß aber auch, dass eine Regierungspartei Erfolge präsentieren muss. Auch wenn die grüne Regierungspartei klein ist und überhaupt erst kurze siebzehn Wochen regiert. Deshalb informierte Wieland, der Senator für Justiz, gestern gemeinsam mit seinen Kolleginnen, Juliane Freifrau von Friesen (Wirtschaft) und Adrienne Goehler (Kultur), was das grüne Senatoren-Trio in seiner kurzen Amtszeiten bewegte.

Die Bilanz fällt ganz unterschiedlich aus: Wieland stellte den Vortrag seiner Erfolge unter das Motto „Versprochen – Gehalten“. Die Möglichkeit für homosexuelle Paare, sich „im würdevollen und angemessenen Rahmen“ in den Berliner Standesämtern als Paare eintragen zu lassen, ist ein solches eingehaltenes Versprechen. Vor allem aber rühmt sich Wieland, in Sachen Korruptionsbekämpfung Wort gehalten zu haben. Und in der Tat: Seit Wieland das Justizressort führt, ist eine Sonderermittlungsgruppe Bankgesellschaft eingerichtet worden, es gab bundesweit Durchsuchungen, und gegen zahlreiche Vorstandsmitglieder wird nun namentlich ermittelt. Als aktuellen Triumph hielt Wieland das Haupt eines alten Feindes hoch, frisch abgeschlagen quasi: „Ab heute wird auch gegen Klaus-Rüdiger Landowsky namentlich ermittelt!“ Wie es weitergehen soll mit dem Justizressort, weiß Wieland auch schon: „Es muss einen Modernisierungsschub bei der Justiz geben.“

Der Lichtblick in diesen für die Berliner Grünen so finsteren Zeiten kam aus Hamburg: Adrienne Goehler machte in Senat und Wahlkampf eine ausgesprochen gute Figur. Augenscheinlich ist die Dame, die gestern wieder mit ihren Sushi-Ohrringen erschien, auch selbst von ihrer Arbeit begeistert: Jahrelang liegen gebliebene Aufgaben habe ihre Verwaltung angepackt, Philarmonie und Staatsoper hätten jetzt ihre Verträge, die Hochschulen ebenso, der Anteil von Frauenberufungen sei von 13 auf 25 Prozent gestiegen, die „Enthierarchisierung zwischen Etablierten und freier Szene“ sei eingeleitet.

Die exaltierte Goehler, die vor vier Monaten von vielen vorschnell als politikunfähig eingeschätzt wurde, beweist an diesem Tag das Gegenteil. Sie beginnt schon jetzt zu bekämpfen, was der sozialdemokratische Senatspartner nach der Wahl durchsetzten möchte: die Abtrennung der Wissenschaftsverwaltung von der Kultur. „Wissenschaft darf nicht in Wirtschaft aufgehen“, sagt Goehler, die augenscheinlich Senatorin bleiben will. Kaum dem neuen Senat angehören dürfte Juliane von Friesen. Erfolge im schwierigen Wirtschaftsressort, die tatsächlich auf ihre Initiative zurückgehen, konnte die Senatorin ihren Zuhörern auch in einem mehrminütigen Vortrag nicht deutlich machen.