: Asien steht vor starkem Aids-Anstieg
Asiatisch-pazifische Gesundheitsminister beschließen eine bessere Koordination bei der Aids-Bekämpfung
MELBOURNE taz ■ Viele asiatisch-pazifische Länder stehen erst noch vor einer großen Ausbreitung von Aids, wie neueste Daten aus bevölkerungsreichen Ländern wie China, Indonesien, Bangladesch und den Philippinen zeigen. Doch sei schon jetzt ein dramatischer Anstieg der Neuinfektionen mit dem Aids-Virus HIV zu sehen, sagte der Leiter der internationalen Organisation Unaids, Peter Piot, auf der sechsten asiatisch-pazifischen Aids-Konferenz im australischen Melbourne. Das Treffen von 3.000 Wissenschaftlern, Medizinern und Betroffenen endete am Mittwoch mit einem Aids-Gipfel von 33 Gesundheitsministern.
Von den weltweit über 36 Millionen HIV-Infizierten leben 7,5 Millionen im asiatisch-pazifischen Raum, wo 60 Prozent der Weltbevölkerung beheimatet sind. 490.000 Menschen sind in der Region bereits an Aids gestorben. Mit 3,9 Millionen HIV-Infektionen und 350.000 Aids-Toten ist Indien am schwersten betroffen.
Piot forderte, dass die Prävention hohe Priorität haben müsse. „Es geht nicht um Behandlung versus Prävention,“ so Piot. Er beklagte die politischen, ökonomischen, kulturellen und religiösen Barrieren, die in vielen Ländern auch im 20. Jahr der Immunschwächekrankheit eine Aufklärung in Hauptbetroffenengruppen wie Drogennutzern, Sexarbeitern und Homosexuellen verhinderten. Hier ließe sich die HIV-Ausbreitung jedoch durch Kampagnen eindämmen, die sich den Realitäten stellten. Das habe Thailand gezeigt.
Besonders Besorgnis erregend ist für Piot der rasante Anstieg intravenösen Drogengebrauchs in vielen asiatischen Ländern: „Vor wenigen Jahren noch war dieser Drogengebrauch in Ländern wie Indonesien so gut wie unbekannt. Heute ist das einer der HIV-Hauptübertragungswege.“ Der indonesische Sozialwissenschaftler und Aids-Aktivist Dédé Oetomo erklärt die Ursachen des steigenden Drogenkonsums so: „Militär und Polizei haben seit den politischen Umwälzungen in meinem Land begonnen, sich über Drogengeschäfte zu finanzieren.“
Die Gesundheitsminister beschlossen, die Aids-Bekämpfung in der Region besser zu koordinieren. Endlich würden die Regierungen beginnen, sich der Verantwortung zu stellen, meinte Marina Mahathir vom Aids-Rat Malaysia. Zugleich kritisierte sie unter Anspielung auf den Krieg gegen Afghanistan, dass es viel zu lang gedauert habe, bis eine „Koalition im Krieg gegen Aids“ zustande gekommen sei.
Der australische Außenminister Alexander Downer betonte die besondere Verantwortung Australiens als „entwickeltes Land“ und sicherte Gelder für die Aids-Bekämpfung in der Region zu. Canberra werde „im Rahmen der internationalen Gesetze“ alles tun, um Entwicklungsländern Aids-Medikamente zu bezahlbaren Preisen zu ermöglichen. 300 Aids-Aktivisten hatten bereits am Sonntag mit Slogans wie „Menschenleben vor Profit“ eine Reform des weltweiten Patentrechts gefordert.
MICHAEL LENZ
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