afghanistan ohne uno
: Eine Absage aus New York

Was passiert nach dem Ende des Afghanistan-Krieges? Egal, wie die Konzepte aussehen, eine Antwort ist ihnen gemeinsam: Die UNO soll eine „zentrale Rolle“ spielen, eventuell eine Übergangsregierung aufbauen, vielleicht sogar mit „Blauhelm“-Truppen in das Land einziehen. Auf die Vereinten Nationen hoffen alle: die Bush-Regierung genauso wie der greise afghanische Exkönig in Rom, die Nordallianz so sehr wie die EU-Außenminister. Selbst manch Kritiker der Kriegslösung reiht sich beim Zauberwort „UNO“ in diese große Koalition ein.

Kommentarvon ERIC CHAUVISTRÉ

So einfach ist das Szenario also: Die frisch gekürten Friedensnobelpreisträger in New York werden das Kommando übernehmen – Ende des Plans. Jetzt hat jemand gewagt zu widersprechen. Jemand, dessen Kompetenz kaum in Frage gestellt werden kann. Lakhdar Brahimi ist nicht nur der Sonderbeauftrage der Vereinten Nationen für Afghanistan, sondern auch Autor des UN-Berichts über die Zukunft der so genannten Peacekeeping-Operationen. Brahimi weiß, dass eine vorübergehende UN-Verwaltung wie in Osttimor nützlich sein kann. Aber er weiß auch, dass manche UN-Mission in einem Desaster endet, wie in Somalia.

In Afghanistan könnte es sogar noch katastrophaler werden. Denn recht unverhohlen wird von der UNO eine Art schizophrene Arbeitsteilung erwartet: Während der Club der Mächtigen im Weltsicherheitsrat den Krieg zumindest informell abgenickt hat, wird die Sorge um die Zeit danach an die Beamten im UN-Sekretariat delegiert. Dies will Annans Afghanistan-Beauftragter offenbar nicht mehr hinnehmen. Er warnt vor einem Einsatz in der Krisenregion. Es kann nicht sein, so lassen sich seine Worte interpretieren, dass die Großmächte immer nur dann der UN-Verwaltung eine zentrale Rolle zuweisen, wenn es Scherben zusammenzukehren gilt. Denn mit solchen zum Scheitern verurteilten Missionen können die Krisenmanager in New York nur an Ansehen verlieren.

Neu sind nicht die Bedenken der UN-Beamten, neu ist, dass sie nun ein enger Mitarbeiter des Generalsekretärs öffentlich äußert. Langfristig dürfte die Absage aus New York für die USA zum Problem werden. Denn ohne den Verweis auf die UNO fehlt der Bush-Regierung ein glaubwürdiges Ausstiegsszenario. Wenn es jedoch ein solch international abgesegnetes Konzept nicht gibt, dann wird es für Washington immer schwieriger, den Krieg zu legitimieren.

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