: Unionisten verlassen Nordirlands Regierung
Der britischer Nordirlandminister muss jetzt entweder Neuwahlen ausschreiben oder die Provinz wieder direkt von London aus verwalten
BELFAST ap/dpa ■ Nach dem Rückzug der protestantischen Parteien aus der nordirischen Regierungskoalition steht der Friedensprozess wieder einmal am Rand des Scheiterns. Vertreter der britischen und irischen Regierung wollten gestern in Dublin über Wege aus der Krise beraten; die Regierungschefs Bertie Ahern und Tony Blair wollten sich am Rand des EU-Gipfels in Brüssel treffen. Der Rücktritt der drei Minister der größten Protestantenpartei, der Ulster Unionists (UUP), wurde um Mitternacht wirksam.
Nach der UUP verkündete auch die radikale protestantische Democratic Unionists Party (DUP) ihren Austritt aus der Belfaster Regierung. Die DUP stellte bislang zwei Minister. Nun hat der britische Nordirlandminister John Reid eine Woche Zeit, um Nordirland wieder unter die Direktverwaltung Londons zu stellen oder Neuwahlen auszuschreiben. Nach dem Friedensabkommen vom Karfreitag 1998 ist die Versammlung ohne die Mitwirkung der größten Partei der Unionisten und der katholischen Republikaner, der Sozialdemokratischen und Arbeiterpartei, nicht arbeitsfähig.
Anlass für die Krise ist die bisherige Weigerung der Untergrundorganisation IRA, ihre Waffen abzugeben. Daraufhin hatte der UUP-Vorsitzende David Trimble im Juli sein Amt als Chefminister niedergelegt. Er warf der IRA und ihrer Partei Sinn Féin mangelnde Kompromissbereitschaft vor. „18 Monate lang haben wir jeden Tag unsere Bereitschaft demonstriert, Fortschritte zu machen, sei es in institutionellen Fragen oder bei der Entwicklung politischer Strategien für Nordirland“, sagte Trimble, der 1998 gemeinsam mit dem Katholiken John Hume den Friedensnobelpreis erhalten hatte. „Und in diesen 18 Monaten hat die republikanische Bewegung nichts getan, überhaupt nichts, um unsere Opfer, Risiken und Anstrengungen zu erwidern“, fügte er an. Trimble erklärte aber auch, die UUP sei zur Rückkehr an die Regierung bereit, wenn die IRA ihre Waffen gemäß dem Karfreitagsabkommen abgibt oder unschädlich macht.
Die BBC hatte am Mittwoch unter Berufung auf hohe IRA-Kreise berichtet, dass in den nächsten Tagen ein spektatulärer Abrüstungsschritt der Organisation bevorstehe. Mit Trimbles Ankündigung sei der Druck auf die IRA erheblich erhöht worden, hieß es in Belfast.
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