: Windspiel zwischen Hochhaustürmen
■ Der Pausenhof ist in ein Guck-und-Staun-Paradies verwandelt: Kinder aus Kattenturm bauen ein gigantisches „Windklapudreh“
Kurz vor zwölf in Kattenturm. Auf dem Pausenhof der Außenstelle des Schulzentrums Obervieland wird gehämmert, gebohrt, geschliffen und geraspelt. Rund 60 FünftklässlerInnen arbeiten fieberhaft, um das große „Windklapudreh“ pünktlich bis zwölf Uhr fertig zu bekommen. Das Windspielgerüst steht in der Mitte des sonst mausgrauen Pausenhofs.
Es sieht aus wie ein Karussell aus Holz. In der Mitte ist es hohl. Hier spielen ein paar Kinder und blicken staunend nach oben. In vier Meter Höhe sind blaue, grüne und weiße Windobjekte an den Holzpfeilern befestigt.
„Unsere Schüler haben die ganze letzte Woche mit Hilfe von sechs Künstlern gewerkelt“, erzählt Michael Mackeben, Leiter des Schulzweiges. In der neuen Außenstelle, bestehend aus drei fünften Klassen, fand eine Projektwoche zum Thema „Wind“ statt. Unter Anleitung der Künstler des Vereines „Quartier“ hatten die Kinder Windräder, Windhosen, Fahnen und Mobiles hergestellt, und an das Gerüst gebaut. Aber auch Klangobjekte wie Windorgeln, Flöten und Pfeifen schmücken das Objekt.
Endlich ist das letzte große Rad aus grünem Stoff und Bambus ans Gerüst geschraubt. Und wie bestellt kommt auch schon der Wind. Die Räder drehen sich , die Fahnen wehen und Mobiles bewegen sich träge auf und ab. Dazu klingelt, klackert und knistert es laute und leise Töne. Die Kinder sind begeistert, wie gut das funktioniert. „Wir hatten schon Angst, dass es heute regnet“, erzählt eine Schülerin. Über das schöne Wetter freut sich auch Stefan Berthold vom Verein Quartier: „Wir haben den Schülern das Projekt zur Gründung geschenkt. Damit sie sich hier etwas heimischer fühlen können.“
Die Organisatoren haben darauf geachtet, dass für den Bau möglichst wenig Material eingesetzt wird. „Sonst sind Kinder schnell überfordert, und auch aus wenig lässt sich viel machen“, betont der Kulturpädagoge, während eine Gruppe von jungen Samba- Musikern trommelnd um das „Windklapudreh“ zieht.
Projekte dieser Art organisiert der Verein schon seit zwölf Jahren. „Unser Ziel ist die Verbindung zwischen Künstlern und Nichtkünstlern“, sagt Stefan Berthold. Ob es sich bei den Laien um alte oder junge, deutsche oder nichtdeutsche Menschen handele, sei für die Arbeit des Vereins egal. „Wir machen Kunst- und Kulturprojekte in Bremer Stadtrandgebieten, damit die Leute sehen, dass man dort mehr als schlafen und essen kann.“ Dabei will man sich im Verein nicht an fertige Bühnen und Zuschauerbühnen halten, sondern eigene erschaffen. Für Februar ist ein großes Trickfilmprojekt mit Kattenburger Kindern zum Thema Gewalt geplant. Quartier arbeitet eng mit anderen sozialen und kulturellen Einrichtungen zusammen, wie jetzt auch mit der Schule in Kattenturm.
Die LehrerInnen sind von der Projektarbeit begeistert. „Selbst Kinder, die sonst nicht länger als eine Stunde aufpassen können, haben die ganze Woche konzentriert mitgearbeitet“, berichtet eine Lehrerin. Jetzt wo es fertig ist, kann man das große „Windklapudreh“ auch besichtigen, ihm lauschen oder auf den Windinstrumenten selbst Musik machen. „Wir wollen es auf jeden Fall noch zwei Wochen stehen lassen“, verspricht der Schulleiter. Nur wenn es zu stark regnet oder stürmt, werden die Windspiele vorher schon abgeschraubt und drinnen aufgehängt.
Melanie Haselhorst
Zu besichtigen in der Theodor-Billroth-Straße 5 in Kattenturm
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