unterm strich
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Erst Hitler, nun Händel. Der in Halle geborene Komponist des „Messias“-Oratoriums, Georg Friedrich Händel (1685-1759), soll nach Meinung einer amerikanischen Musikwissenschaftlerin homosexuell gewesen sein. Seine Werke selbst enthielten dafür stimmige Belege, zitiert der Sunday Telegraph Ellen Harris, Professorin für Musik am Massachusetts Institute of Technology.

Die Spur führt allerdings nicht durch die Betten, sondern zur Exegese seiner Texte. Erstmals hat Harris, deren Buch „Händel als Orpheus“ im Februar 2002 bei Harvard Press erscheinen soll, über 100 Kantaten des Komponisten ins Englische übersetzt. Dabei kam sie zu dem Schluss: „Die Kantaten sind mit Sicherheit homosexuell. Viele vermeiden es, das Geschlecht des Geliebten zu identifizieren. Es ist dann zum Beispiel in einer bewusst zweideutigen Weise nur von den ‚wunderschönen Augen‘ oder ‚kleinen Lippen‘ die Rede.“ Vielleicht war Händel aber ja ein Vorläufer von Judith Butler, den ebenfalls ein Unbehagen in allzu festgelegten Geschlechterfragen umtrieb.

Doch Harris hat noch ein Argument: Händel war nie verheiratet. Seine Affäre mit einer 16 Jahre älteren Frau in Rom wird von Harris als „Experiment“ abgetan. „Es wird behauptet, dass er wie ein Zölibatär lebte und all seine Energien auf seine Musik verwendete. Aber ich glaube, das ist äußerst unwahrscheinlich.“ So sei Händel in London vermutlich Mitglied eines homosexuellen Zirkels gewesen und habe Liebesbeziehungen zu seinen wichtigsten Förderern, Lord Burlington und dem Herzog von Chandos, unterhalten.

Dem widerspricht Anthony Hicks, wissenschaftlicher Berater der Händel-Gesellschaft in London: Wenn der Komponist wirklich mit seinen hochadeligen Gönnern intim gewesen wäre, hätte das unmöglich geheim gehalten werden können. Jacqueline Riding, die Direktorin des neuen Händel-Haus-Museums in London, sagte: „Über Händels Privatleben ist nur sehr wenig bekannt. Außer der Tatsache, dass er zu viel aß und trank und recht aufbrausend war, wissen wir sehr wenig über seine Gefühle.“

Thomas Kling ist mit dem erstmals vergebenen Ernst-Jandl-Lyrik-Preis ausgezeichnet worden. Der mit 200.000 Schilling (ca. 29.000 DM) dotierte Preis ging an den 44-jährigen Dichter, weil er mit „seinem unverwechselbaren Sound die Dichtung gegenüber der starken Sprache der Medien konkurrenzfähig gemacht hat“, sagte Österreichs Kunst-Staatssekretär Franz Morak am Samstagabend bei der Verleihung. Klings „Sprachinstallationen haben dem Gedicht zu neuem Leben und zu neuem Publikum verholfen“.