: Eine demokratische Äußerung
betr.: „SPD auf Brautschau“, „Kleinbürger unter sich“ (Rot-Rot in Berlin?), taz vom 23. 10. 01
Die Arroganz, die seit dem erheblichen Wahlsieg für die PDS in Ostberlin in Äußerungen einiger Politiker und Wissenschaftler herrscht, ist nicht zum Aushalten. Es wird so getan, als wär ganz Ostberlin hinterweltlerisch und noch im Staatskommunismus hängen geblieben.
Die wahren Gründe, warum man hier PDS und nicht die Grünen, SPD oder CDU wählt, werden verschwiegen. Dass man der alten Koalition nicht mehr vertraut, liegt vielleicht an der Bankenaffäre und der katastrophalen Haushaltslage, die diese herbeigeführt hat. Die Ängste, dass mit den alten Berliner Regierenden gerade wieder im sozialen Bereich gekürzt wird, sind nur verständlich. [...] Es gibt im Osten unendliche soziale Probleme mit Arbeitslosigkeit, Armut, Perspektivlosigkeit. Das sind die Probleme der Menschen hier und die müssen ernst genommen werden. Die Gewinne der PDS also vor diesem Hintergrund mit einer postkommunistischen Spaltung Berlins zu erklären, scheint mehr als fragwürdig. Die SPD sollte die Ostdeutschen/Ostberliner endlich ernst nehmen. Das Votum, das sie abgegeben haben, ist eine demokratische Äußerung, und zwar die einzige, zu der sie noch in der Lage sind. [...] MICHAEL EBERT
Offener Brief an die Grünen in Berlin
Liebe Sibyll, liebe Leute!
Als Erstwähler – nicht heute, sondern bei Gründung der Partei – möchte ich nicht zum Letztwähler werden, bin aber kurz davor – wenn ...:
Ja, wenn Ihr ernsthaft erwägt, mit den Von-Stahl-Rechtsaußen, den Schill-Verehrern ins Bett zu krauchen. Diese FDP ist eine hohle Nuss, mit Leihstimmen der CDU hochgekommen, keiner gesellschaftlichen Schicht zuzuordnen, daher auch keine gesellschaftliche Kraft – schiere Populisten. Die PDS mag aus alten Militärs, alten Unverbesserlichen, jungen Schwärmern oder sonstwem zusammengesetzt sein, aber sie entspricht einer gesellschaftlichen Kraft, einer gesellschaftlichen Substanz. Damit sich auseinander zu setzen lohnt allemal.
Das so genannte bürgerliche Lager wird wieder von der CDU und teilweise von der SPD abgedeckt werden, die FDP wird immer schmarotzen müssen. Mal über fünf, mal unter fünf Prozent.
Aber diese Bayernpartei des Ostens, die ist zu knacken: von innen oder von außen. Wenn ihr also tatsächlich mit diesen Stahl/Haider-Typen zusammen Zukunft machen wollt, dann Good-bye.
Ich habe mir in meiner Wut und Trauer nichts Fundiertes, Wissenschaftliches abringen wollen: Ihr sollt nur die Signale hören – von jemandem, der immer eine realistische Politik verfolgt hat, keine solalalinken oder papazifistischen Träume, der aber an eine gerechte und freie und gesunde Zukunft glaubt. Mit euch oder ohne euch. EKKEHARD BRUNN, Berlin
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