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Acht Ecken in zehn Jahren

Jetzt ist er komplett, zumindest auf dem Papier. Mit dem Masterplan für das einstige Wertheim-Areal wird die letzte Lücke am Leipziger Platz und ein unrühmliches Kapitel Baugeschichte geschlossen

von UWE RADA

Für den Bausenator war es „ein besonderer Tag für Berlin“. Der Leipziger Platz, sagte Peter Strieder, werde die „neue quirlige Mitte Berlins und das eher ruhigere, kontemplative, anspruchsvollere Gegenstück zum Potsdamer Platz“. Ein Platz, der sich sogar mit den „großartigsten“ Plätzen in ganz Europa vergleichen könne.

So viel Superlativ war schon lange nicht mehr, als Peter Strieder gestern den städtebaulichen Masterplan für das ehemalige Wertheim-Areal am Leipziger Platz kommentierte. Wie vergessen schienen alle Probleme, die bis dahin die Bebauung des nordöstlichen Geländes am Leipziger Platz verhindert hatten – von der Pleite des Münchner Immobilienunternehmers Kottmair mitsamt der Planung des inzwischen verstorbenen Architekten Aldo Rossi bis zur ungeklärten Frage, wer denn nun den maroden Tunnel der U-Bahnlinie 2 saniert, der unmittelbar unter dem Grundstück verläuft. Alles vergessen und vorbei. „Das ist die neue City“, sagte Peter Strieder, und er meinte es ernst.

Doch ganz so ernst ist es noch nicht mit der Komplettierung des Leipziger Platzes, jenem barocken Oktogon, dessen Wiederherstellung seit 1991 zu den erklärten Zielen der Berliner Baupolitik gehörte. Was die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG) als Eigentümer, die Münchner Bauwertgruppe und die Hamburger ECE gestern vorstellten war zunächst ein städtebaulicher Masterplan für das 20.600 Quadratmeter große Grundstück zwischen Leipziger Platz, Voßstraße und dem angrenzenden Areal in Richtung Glinkastraße. Dieser Entwurf von Sergej Tschoban sieht neben dem Bau von elf Gebäudeteilen auch eine Promenade vor, die von der Voßstraße im Norden geradewegs auf den neuen Sitz des Bundesrates führt.

Bis mit den ersten Bauarbeiten begonnen werden kann, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Zwar veranschlagte TLG-Geschäftsführer Eugen von Lackum den Baubeginn auf 2003. Auf der anderen Seite, sagte er, wolle man aber erst beginnen, wenn etwa 50 Prozent der Flächen vermarktet oder verkauft seien. Lackum erinnerte in diesem Zusammenhang an die schwierige Situation auf dem Berliner Immobilienmarkt: „Die einzige Chance, hier zu bestehen, besteht in Qualität.“

Diese Qualität hat für die ECE vor allem mit der Nutzung zu tun. So solle auf jeden Fall verhindert werden, dass die 6.000 Quadratmeter Fläche umfassenden Gewerberäume von Großanbietern gemietet oder gekauft werden. Stattdessen solle es einen abwechslungsreichen Mix an Geschäften und Gastronomie geben. Darunter sollen sich eine Salumeria, ein Schuhgeschäft, eine Sushi-Bar, ein Wiener Café und ein Coffee-Shop befinden. Offen blieb dabei allerdings, worin sich diese Nutzung qualitativ vom Angebot etwa an der Friedrichstraße oder am Potsdamer Platz abheben solle.

Für den Architekten und Masterplaner Sergej Tschoban ist dagegen die Anordnung der einzelnen Gebäude der Weg zum Erfolg. „Wir wollen hier keine neuen Großformen, sondern eine Vernetzung zwischen Potsdamer Platz und Friedrichsstraße, eine Abfolge verschiedener Räume und Nutzungen.“ Besonderes Augenmerk legt Tschoban dabei auf die Durchquerung der Höfe, die das Ganze ein wenig an die Hackeschen Höfe erinnern lassen.

Bevor alles realisiert wird, müssen aber nicht nur die Grundstücke vermarktet werden, sondern sich auch die Investoren noch auf ein tragfähiges Konstrukt einigen. Zwar habe man sich geeinigt, alle Gebäude gemeinsam zu entwicklen, doch ein juristisches Konzept zwischen TLG, Bauwert und ECE wurde noch nicht ausgearbeitet.

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