: Todsünde Luxus
Ein merkwürdiges Kapitalismus-Syndrom greift in der aktuellen Hamburger Kultursenatoren-Diskussion Raum: Die wundersame Neudefinition des Luxus. Man erinnert sich: Luxus-Joghurt, Wellness-Autoreifen, Luxus-Klopapier – all dies wird ständig in Wort und Bild propagiert. Und irgendwo tief drinnen ist fast jede(r) BewohnerIn der Industrienationen überzeugt, ein ureigenstes Recht aufs luxusgarnierte Dasein zu haben.
Nichts davon ist allerdings im aktuellen Diskurs des kreißenden Senats über das Gut „Kultur“ zu spüren: „Kultur verkommt zum Luxusspielball“, empört sich zu Recht die scheidende Kultursenatorin Christina Weiss angesichts des seriellen Scheiterns des Rechtsblocks an der Herausforderung, das Ressort allerlei Stars anzudienen. (Und jetzt hat auch noch der Ex-Berliner Kultursenator Christoph Stölzl abgesagt.)
Nichts mehr zu spüren ist hier von Wertschätzung, geschweige denn Respekt vor des Bürgers Anrecht aufs universelle Wohlgefühl: Kultur ist dekorativer Appendix, also überflüssig und als Folie für jedwedes personelle Label tauglich. Und ohne den Protestlärm der unbequemen Künstler hätte der Rechtsblock das Ressort ja überhaupt lieber abgeschafft. Irgendwie scheint über dem Ganzen ein Fluch zu liegen. Vielleicht ist's ja der berühmte Fluch der Pharaonen...
Petra Schellen
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